Wie wichtig gute Führungspersonen an der Spitze eines Unternehmens sind, zeigte sich gerade auch im letzten Jahr bei grossen Schweizer Firmen. Prominente Chefwechsel führten zu erheblichen Änderungen der Aktienkurse. Während die Börse beispielsweise sehr positiv auf die Ernennung von Jan Jenisch bei LafargeHolcim reagierte, verloren die Aktien von Julius Bär nach dem überraschenden Rücktritt von CEO Boris Collardi rund 6 Prozent. 

Ankündigungen von CEO-Änderungen gabs auch bei den SMI-Unternehmen Richemont und Novartis, wo Joseph Jimenez per Ende Januar nach acht Jahren von seinem Posten als Chef des Pharmakonzerns zurücktritt. Sein Nachfolger Vas Narasimhan muss nach einer Einarbeitungszeit einige knifflige strategische Entscheidungen treffen.

Für die folgenden vier Chefs von Unternehmen aus dem Swiss Market Index (SMI) wird 2018 jedoch besonders herausfordernd. 

Jan Jenisch, LafargeHolcim

Jan Jenisch trat im September 2017 an, um LafargeHolcim nach abgeschlossener Fusion eine neue Strategie zu verpassen. Jenisch kam vom Bauchemie-Hersteller Sika, wo er jahrelang hervorragende Arbeit ablieferte. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen beim Zementmulti LafargeHolcim. Dennoch verdienten LafargeHolcim-Investoren 2017 praktisch kein Geld: Die Aktie war der zweitschlechteste SMI-Titel. Nun baut sich mächtig Druck auf: Unzählige Analysten empfehlen die LafargeHolcim-Aktie für 2018 zum Kauf, in der Hoffnung auf profitableres Wachstum und die Erhöhung der Prognosen.

Eine erste Kostprobe seiner Pläne lieferte Jenisch Mitte Dezember ab, als er die Konzernleitung umbaute und die Strukturen straffte. In der Tat legte der Kurs seither um rund 8 Prozent zu. Längerfristig will Hoffnungsträger Jenisch den Konzern agiler, leistungs- und kostenbewusster machen. Gelingt ihm das nicht, wird die Enttäuschung gross sein und die Marktreaktion entsprechend negativ ausfallen. Eine zusätzliche Herausforderung lauert bei der Aufarbeitung der Affäre um Schutzgeldzahlungen im syrischen Bürgerkrieg, die seinem Vorgänger Eric Olsen den Job kostete.

Mark Schneider, Nestlé

Kaum ein Chefwechsel eines SMI-Unternehmens wurde in der jüngeren Vergangenheit mehr gefeiert als die Ernennung von Mark Schneider zum neuen Nestlé-CEO. Nach der Ankündigung im Juni 2016 schoss die Aktie über 10 Prozent in die Höhe. Die Anleger erhofften sich von Schneider eine Erhöhung der Wachstumsraten mittels strategischer Neuausrichtung des traditionell trägen Grosskonzerns aus Vevey. Dieser hatte während Jahren den Konsumententrend weg von Fertigprodukten hin zu frischen Nahrungsmittel hartnäckig ignoriert.

Mittlerweile hat der ehemalige Fresenius-Chef Schneider ein Jahr an der Spitze von Nestlé hinter sich und viele Akzente gesetzt. Die Aktie hat im letzten Jahr 20 Prozent zugelegt. Schneider baut auf die Nestlé-Kernkompetenzen Wasser, Tier- und Säuglingsnahrung und Kaffee, dazu soll das Gesundheitsgeschäft weiter ausgebaut werden. Zur Disposition steht hingegen das US-Süsswarengeschäft.

Ziel ist es, Nestlé bis 2020 wieder profitabler zu machen und zu alter Wachstumsstärke zurückzukehren. Für Schneider wird aber bereits das Jahr 2018 richtungsweisend sein. Er muss den Umbau konsequent fortsetzen und gleichzeitig die Kosten senken. Dabei sitzt ihm auch der aktivistische Investors Daniel Loeb im Nacken, der Mitte 2017 überraschend bei Nestlé eingestiegen war. Er verlangt einen Aktienrückkauf, höhere Gewinne und den Verkauf des gut 23-Prozent Anteils am französischen Kosmetikkonzern L'Oréal.

Severin Schwan, Roche

Wenn es in den letzten Jahren eine prominente Enttäuschung an der Börse gab, dann ist das Roche. Der Kurs des Genussscheins befindet sich wieder auf dem Niveau von 2013. Klar ist: Die ganze Pharmabranche leidet seit einiger Zeit unter zunehmendem Margendruck. Doch besonders schmerzhaft für die stolzen Rochianer ist, dass Erzrivale Novartis in der Gunst der Anleger wieder höher steht. Für Novartis gab es im letzten Jahr an der Börse einen Kurszuwachs von 11 Prozent, für Roche blieben 6 Prozent.

2018 soll nun vieles besser werden. Neben LafargeHolcim wird kaum ein SMI-Titel derzeit häufiger erwähnt, wenn von SMI-Aktienfavoriten die Rede ist. Argumentiert wird mit dem grossen Potenzial der Medikamenten-Pipeline von Roche und der mittlerweile attraktiven Bewertung: Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15 für 2018 lockt vielerorts zum Einstieg.

Die grösste Schwierigkeit für Roche-CEO Severin Schwan ist es, die vielversprechenden und eben erst zugelassenen Medikamente zu monetisieren und damit die etlichen umsatzstarken Krebswirkstoffe zu ersetzen, die ihren Patentschutz verlieren. Der Österreicher ist seit 2008 im Amt und ist nach innen und aussen ein ruhender Pol im Unternehmen. Für 2018 sind aber vor allem mutige Ideen gefragt, um Roche in neuen Therapiegebieten voranzubringen. Noch ein enttäuschendes Börsenjahr wird auch Schwan sich nicht leisten können.

Sergio Ermotti, UBS

Noch nicht lange ist es her, da waren die Rollen unter den Schweizer Grossbanken klar verteilt: Hier die UBS, die mit dem Rückbau des Investmentbanking vorbildlich ihre Lehren aus der Finanzkrise zog. Und da die Credit Suisse, die erst unter ihrem neuen CEO Tidjane Thiam einen längst fälligen Kurswechsel vollzog und lange geplagt war von Kapitalausstattungsproblemen und einem dramatisch sinkenden Aktienkurs. Eine neue Plage ist auch der aktivistische Investor namens Rudolf Bohli, der die Bank in Einzelteile zerschlagen will.

UBS-CEO Sergio Ermotti kostete die Rolle des Musterschülers sichtlich aus. Immer häufiger meldete er sich selbstbewusst zu Wort, kritisierte den Bundesrat oder massregelte die Börsenbetreiberin SIX in der Öffentlichkeit unüblich harsch. Dieses neue Selbstbewusstsein, das bisweilen als Hybris ausgelegt wurde, kam nicht überall gut an. Denn noch nicht einmal vor zehn Jahren musste die UBS vom Staat gerettet werden.

Doch allmählich dreht der Wind. Die Ernennung von Martin Blessing zum Chef der weltweiten Vermögensverwaltung löste wenig Applaus aus. Die Kritik: Der Deutsche kenne sich zwar im Retail-Geschäft aus, nicht aber im globalen Wealth Management. Als möglicher CEO-Nachfolger für den seit 2011 tätigen Ermotti sei er nicht geeignet, so der Tenor.

Fakt ist: Die Resultate der UBS-Paradedisziplin Vermögensverwaltung stimmten zuletzt nicht mehr, weshalb auch deren Chef Jürg Zeltner kurz vor Weihnachten gehen musste. Zudem wartet die UBS im Steuerstreit mit Frankreich immer noch auf eine Einigung. Es geht dabei um Milliarden. Auch an der Börse ist die UBS stärker in den Gegenwind geraten. Während Julius Bär und CS im letzten Jahr 30 Prozent zulegen konnten, hat sich Ermottis Bank mit 12 Prozent unterdurchschnittlich entwickelt. Ermottis zur Schau getragenes Selbstbewusstsein könnte sich alsbald als Bummerang erweisen.