Nach der Zusammenarbeit mit Google beim autonomen Fahren und der Entwicklung einer intelligenten Parkplatz-App für den Stadtstaat Singapur gründen die Deutschen nun ein Jointventure mit dem Telekomriesen China Unicom Hong Kong.

Beide Unternehmen sind zu je 50 Prozent an der neuen Firma beteiligt, die ihren Sitz in Shanghai haben wird. Sie soll alle möglichen Mobilitätsdienste anbieten, im ersten Schritt ist dies eine Carsharing-App. „Wir haben das Ziel, bereits in der zweiten Jahreshälfte hier Umsätze zu erzielen“, sagt Ralf Lenninger, Leiter der Continental-Sparte Intelligent Transportation Systems (ITS), in einem Interview mit Bloomberg. Die nötige Technologie dafür kommt aus den Continental-Werkstätten im Silicon Valley.

Lenninger übernahm die Führung von ITS Ende vergangenen Jahres. Er löste die ehemalige Google-Managerin Seval Oz in dieser Position ab.

Jahr 2014: Continental goes Silicon Valley

Das Experiment Silicon Valley hatte für das Unternehmen aus Hannover im Jahr 2014 begonnen. Damals erkannte es vernetzte Technologien rund ums Auto als Zukunftsthema. Das Silicon Valley gilt als einer der bedeutendsten Standorte der Internet,- IT- und Hightech-Industrie der Welt.

„Und da der Berg nicht zum Propheten kam, musste der Prophet eben zum Berg gehen“, sagt Lenninger. „Also schickten wir damals ein paar Leute ins Valley, um einmal bei den dortigen Firmen vorzufühlen.“

Das Unternehmen habe sich sofort willkommen gefühlt, erinnert sich Lenninger: „Das war dort wie eine Bottle-Party. Wir mussten was zur Party mitbringen. Und was wir mitbrachten, war Auto-Technologie.“ Seinen Worten zufolge mache es keinen Sinn für eine Internet-Firma, 140 Jahre Auto-Technologie nachentwickeln zu wollen – so wie es auch wenig Sinn für Continental mache, zu versuchen, beim Internet-Wissen aufzuschliessen.

Gleich zu Beginn gab es eine enge Zusammenarbeit mit Google beim autonomen Fahren. In dem Projekt steckten viele Technologien des deutschen Zulieferers.

Traditionelle Geschäfte schützen, neue Geschäftsbereiche erschliessen

Nach der ersten Schnupperphase im Silicon Valley wurde 2015 die Sparte ITS offiziell gegründet. Während die meisten anderen Geschäftsbereiche des Unternehmens Milliarden Euro an Umsätzen erzielen, wurde hier bei null angefangen. Lenninger: „Mit der Gründung haben wir aber gezeigt, wie ernst es uns mit vernetzten Autos ist“. Die Sparte berichtet direkt an den Vorstand und hat ihren Hauptsitz im Silicon Valley.

Mit ITS verfolgt der Konzern gleich zwei Ziele. Es gehe nicht nur darum, neue Geschäftsbereiche zu erschliessen, sagt Lenninger. „Wir wollen auch unsere traditionellen Geschäfte im Bereich der Auto-Elektronik schützen. Und dafür brauchen wir das aktuellste Wissen.“

Bei den Aktivitäten in Singapur arbeitet Continental eng mit der Verwaltung des Stadtstaates zusammen, dem Housing Board (HDB) und der Verkehrsbehörde (Land Transport Authority). Die App hilft bei der Suche nach freien Parkplätzen. Dazu werden Daten zur Belegung von privaten und öffentlichen Parkhäusern angezapft. „Rund 90 Prozent aller Parkgelegenheit in Singapur sind dafür mit einer entsprechenden Sensorik ausgestattet worden“, sagt Lenninger

Die App bietet bietet verschiedene Parkhäuser an und nennt die aktuellen Gebühren. Ausserdem prognostiziert sie, ob es zur Ankunftszeit überhaupt freie Stellplätze geben wird. Für die Nutzer ist der Dienst kostenlos.

Dosiertes Wachstum

Die Einführung ist auch an weiteren Standorten geplant. Eine Finanzierung verspricht sich Continental unter anderem durch Parkhausbetreiber, die auf Kundensuche sind, sowie durch Stadtverwaltungen, die den Verkehrsfluss verbessern wollen. Lenninger: „Circa 40 Prozent der Fahrtzeit einer Stadtfahrt werden für die Parkplatzsuche verwendet".

Seit kurzem sind es nicht mehr nur die ITS-Mitarbeiter von Continental, die im Silicon Valley arbeiten. Das Unternehmen hat ein neues Forschungszentrum eingeweiht, in dem Kollegen aus allen Bereichen des Unternehmens übergreifend arbeiten sollen, etwa aus der Reifen-Sparte.

Continental investiert in das neue Entwicklungszentrum einen einstelligen Millionenbetrag in Dollar. Die Labore, Werkstätten und Büros sind in einem 6000 Quadratmeter grossen Gebäudekomplex untergebracht.

Und was ITS anbelangt, so sagt Lenninger: „Wir wollen dosiert wachsen. Es geht darum, grosse Geschäfte für Continental aufzubauen, aber definiert mit konkreten Projekten wie in Singapur und China zu starten".

(Bloomberg)