Die Aussagekraft von Kursverläufen ist unbestritten. Fundamentaldaten wie Gewinnzahlen, Eigenkapital und Geschäftsaussichten eines Unternehmens lassen sich ebenfalls nicht wegdiskutieren. Aktienanalysten wenden aber auch andere Mittel an, um die Qualität von Aktien zu untersuchen. Dazu gehört zum Beispiel der Beta-Faktor.

Der Beta-Faktor zeigt an, ob ein Aktienkurs stärker oder schwächer als der Markt ausschlägt. Ist dieser höher als 1, schwankt eine Aktie stärker als der zugrundeliegende Index. Ein Beta-Faktor unter 1 verdeutlicht, dass ein Titel weniger volatil ist als die Vergleichsgrösse.

Eine gewisse Tücke im Umgang mit dem Beta-Faktor ist, dass er nur bisherige Erfahrungen abbildet. Eine Krise oder ein volatiler Markt können die Aussagekraft des Beta-Faktors empfindlich beeinträchtigen. Eine Faustregel im Umgang mit dem Beta-Faktor ist aber: Je unsicherer der Markt, desto tiefer sollte das Beta bei den gehaltenen Aktien sein. Wenn hingegen der Markt steigt, dann bieten Aktien mit hohem Beta zumindest gute Aussichten auf Gewinne über dem Marktniveau. Mit anderen Worten: Der Beta-Faktor sagt etwas aus über das Risiko, das eine Aktie begleitet.

Eine Hilfe für den Anleger ist aber gerade dessen Aussage über das Risiko: Wer auf Aktien mit einem hohen Beta-Faktor setzt, muss auch an steigende Märkte glauben. Wer "bearish" gestimmt ist, sucht sich Titel mit einem tiefen Beta.

Risiko von Banken und Versicherern steigt

Klar zeigt sich die Betrachtung des Risikos am Beispiel der Credit Suisse. Der unglückseligste Titel im SMI hatte in den vergangenen drei Monaten ein Beta von 2,22. Auf 12 Monate zurückblickend hat dieses bei ebenfalls schon recht hohen 1,38 gelegen. Somit hat sich das Risiko bei der CS-Aktie erhöht, was im Einklang mit den Nachrichten und Fundamentaldaten über die Grossbank steht, die vor hohen Herausforderungen steht. Bei den beiden Bankentiteln UBS und Julius Bär sieht die Lage ähnlich aus. Auch die Versicherer Zurich, Swiss Life und Swiss Re haben Beta-Faktoren über 1, die in den vergangenen drei Monaten zudem angestiegen sind (siehe Tabelle).

Der SMI selbst liegt derzeit um 2,9 Prozent tiefer als vor drei Monaten. Seit Ende Februar hat sich der Leitindex kräftig erholt. Eine Aktie wie LafargeHolcim, die ein hohes Beta von 1,82 hat, hat somit jeweils deutlich stärker als der Markt geschwankt, sich im selben Zeitraum aber auch um 10,6 Prozent verbessert. Da das 12-Monate-Beta aber tiefere 1,33 beträgt, hat sich auch beim grössten Zementkonzern der Welt das Risiko erhöht.

Ein relativ stabiles Bild geben die Zykliker ab. ABB und Adecco, beides Titel mit Zugewinnen in den letzten drei Monaten, verfügen jeweils über ein Beta das leicht über oder leicht unter 1 liegt. Genau mit dem Markt bewegt haben sich in den vergangenen zwölf Monaten und auch in der Drei-Monate-Betrachtung die Genussscheine von Roche. Dies hängt allerdings auch damit zusammen, dass der Anteil dieses Titels an der SMI-Gewichtung sehr hoch ist; Mit den Schwergewichten Novartis und Nestlé machen sie über 60 Prozent in der Gewichtung des Index' aus.

Novartis und Nestlé haben Beta-Faktoren deutlich unter 1. So gesehen ist das Risiko bei diesen defensiven Titeln immer noch deutlich tiefer als bei den Finanz-Aktien oder auch den Luxusgüter-Aktien.

Bunteres Bild im breiten Markt

Im breiten Markt ist das Bild bunter. Zu den Aktien, die über ein traditionell hohes Beta verfügen, gehören die Biotech-Firmen und Start-Ups, oder auch Börsenneulinge, deren Kurse stärker ausschlagen als der Gesamtmarkt. Therametrics mit einem Drei-Monate-Beta von 2,75 zeigt, wie hoch das Risiko bei diesen sehr spekulativen Titeln ist.

Der SPI hat sich wie der Leitindex SMI seit Anfang Februar zu erholen begonnen. Derzeit ist er im Drei-Monate-Chart sogar um 0,8 Prozent leicht im Plus. Titel mit einem Beta über 1 wie Partners Group oder Georg Fischer haben in den vergangenen drei Monaten hohe Kursgewinne verzeichnet. Umgekehrt sind auch Aktien wie jene von Burkhalter oder Inficon, die über ein ausserordentlich tiefes Beta verfügen, mit Kursgewinnen gesegnet. Mit der fundamentalen Situation stimmt diese Betrachtung insofern überein, dass bei Burkhalter und Inficon, beides Unternehmen mit einer guten Position im Markt und einem soliden Geschäftsmodell das Risiko geringer ist als beim Weltkonzern Georg Fischer oder der Beteiligungsgesellschaft Partners Group.

Bei einer kleinen Zahl von Aktien im breiten Markt ist der Beta-Faktor gar negativ. Dies bedeutet, dass sich der Kursverlauf im eigentlichen Sinne gegenläufig zum Gesamtmarkt verhält. Beispiele aus einem Markt, der sich zwar zuletzt erholte, aber generell immer noch unter Druck steht, sind Bachem oder Orior. Während Bachem operativ zuletzt gut unterwegs gewesen ist und Orior ein attraktiver Dividendentitel ist, reichte es bei beiden zu deutlichen Kursgewinnen. Wäre der Marktverlauf positiver, wäre ein negativer Beta-Faktor allerdings für viele Anleger ein Grund zum Stirnrunzeln.

Beta-Faktor bei SMI-Titeln (SMI 3-Monate-Performance: -2,9 Prozent)

Aktie

3-Monate-Beta

Performance 3 Monate (in Prozent)12-Monate-Beta
Credit Suisse2,22-16,41,38
LafargeHolcim1,82+10,61,33
UBS1,6-0,61,24
Zurich1,38-3,61,09
Julius Bär1,38-3,851,23
Swiss Life1,16-1,30,91
Richemont1,13-1,81,13
Swatch1,05-4,51,02
Adecco1,03+3,251,05
Swiss Re1,01-4,20,87
Roche1,00-7,91,00
ABB0,95+17,70,93
Novartis0,91-7,41,05
Actelion0,9+12,30,96
Swisscom0,84-1,10,85
Nestlé0,81-20,84
Geberit0,79-1,50,87
Givaudan0,64+2,60,78
SGS0,6+9,60,76
Syngenta0,38+80,9

SPI-Aktien mit hohem Beta-Faktor (SPI 3-Monate-Performance +0,8 Prozent)

Aktie3-Monate-BetaPerformance 3 Monate (in Prozent)12-Monate-Beta
Therametrics2,75-25 Prozent12,6
U-Blox1,47-3,31,2
Basilea1,37+7,150,96
Partners Group1,11+8,90,89
Georg Fischer1,05+16,60,98

SPI-Aktien mit tiefem Beta-Faktor

Aktie3-Monate-Beta

Performance 3 Monate (in Prozent)

12-Monate-Beta
Adval Tech0,2-0,70,07
Burkhalter0,29+15,150,51
Ascom0,42+1,90,45
Banque Cantonale Vaudoise0,45+8,80,47
Inficon0,5+9,90,62

SPI-Aktien mit negativem Beta-Faktor

Aktie3-Monate-BetaPerformance 3 Monate (in Prozent)12-Monate-Beta
Bachem            -0,02+25,70,19
Lem-0,08+8,90,25
Cham Paper-0,13+13,30,03
Orior-0,16+0,70,12
Phoenix Mecano-0,16+40,11

Quelle: cash.ch, Interactive Data