Die US-Gesundheitsbehörde FDA gab dem Mittel Aducanumab des amerikanischen Biotechkonzerns Biogen am Montag grünes Licht. Die Daten aus dem Zulassungsantrag seien zwar sehr komplex und es bestehe weiterhin eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich des klinischen Nutzen des Medikaments, erklärte Patrizia Cavazzoni, Leiterin des FDA-Zentrums für Arzneimittelbewertung und -forschung. Die Behörde sei aber zu dem Schluss gekommen, dass die Vorteile des Mittels die Risiken überwögen. Alzheimer-Patienten stehe mit der Zulassung eine "wichtige und neue Behandlung zur Bekämpfung dieser Krankheit zur Verfügung".

Das Mittel hatte in einer klinischen Studie zunächst positive Ergebnisse erzielt, die sich in einer weiteren Studie allerdings nicht bestätigt hatten. Ein Beratergremium der FDA hatte im November gegen das Medikament gestimmt. Die Behörde ist nicht verpflichtet, auf die Empfehlungen des Expertengremiums zu hören, folgt diesen normalerweise aber. Guggenheim-Analyst Yatin Suneja hatte im Vorfeld erklärt, eine Genehmigung hänge voraussichtlich von der Bereitschaft der FDA ab, ein Medikament auf Basis relativ schwacher Daten für eine Krankheit zuzulassen, die Millionen betrifft und nur wenige aktuelle Behandlungsmöglichkeiten bietet.

"Das sind gute Nachrichten für Alzheimer-Patienten", sagte der Alzheimer-Experte Ronald Petersen von der Mayo Clinic und sprach von einem "besonderen Tag". Er wies jedoch darauf hin, dass das Mittel keine Heilung bringe. "Es besteht die Hoffnung, dass dies das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt." Biogen kann mit einem Milliarden-Geschäft rechnen: Guggenheim-Analyst Suneja traut dem Medikament ein Spitzenumsatzpotenzial von mindestens zehn Milliarden Dollar zu.

Aducanumab zielt darauf ab, Beta-Amyloid - eine der beiden charakteristischen Eiweißablagerungen für Alzheimer - aus den Gehirnen von Patienten in einem frühen Stadium der Krankheit zu beseitigen. Nach Angaben der FDA zeigten die klinischen Studien mit dem Mittel, das unter dem Namen Aduhelm vermarktet werden soll, eine erhebliche Verringerung der Ablagerungen. Bei einigen Patienten trat aber eine potenziell gefährliche Hirnschwellung auf. Die FDA erwartet von Biogen nach der Zulassung eine weitere klinische Studie, um den Nutzen des Medikaments zu überprüfen. Wenn das Mittel nicht wie beabsichtigt wirke, könne die Behörde es wieder vom Markt nehmen, betonte die FDA.

Bislang gibt es keine wirksame Therapie für die schnell fortschreitende Demenzerkrankung, bei der sich im Gehirn der Betroffenen Eiweißklumpen ansammeln, die die Nervenzellen schädigen. Zahlreiche Pharmakonzerne mussten in diesem Forschungsfeld bereits Misserfolge verkraften. Gegenwärtige Medikamente können lediglich die Symptome lindern.

(Reuters)