Der erwartete Verlust könnte bis zu 450 Millionen Euro hoch sein, sagte der Leiter des operativen Geschäftes, Jörg Gerbig, im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Das ist deutlich mehr, als Branchenexperten bislang erwarten. Just Eat Takeaway wolle weiter in Wachstum investieren, der Gewinn von Marktanteilen sei wichtiger als das bereinigte operative Ergebnis, hiess es.

"Der grössere Anteil am operativen Verlust für das Gesamtjahr kommt aus dem ersten Halbjahr. In der zweiten Jahreshälfte wird sich das operative Ergebnis verbessern", sagte Gerbig. Die Marge des operativen Ergebnisses (bereinigtes Ebitda) gemessen am Bruttotransaktionswert (Gross Transaction Value, GTV) solle 2021 bei minus 1 bis minus 1,5 Prozent liegen, teilte das Unternehmen am Donnerstag in Amsterdam mit.

Den Bruttotransaktionswert des Gesamtjahres erwartet der Vorstand bei 28 bis 30 Milliarden Euro - eine Vergleichszahl für 2020 gibt es nicht. Der Vorstand habe sich für die Kennziffer GTV anstelle des Gross Merchandise Value (Bruttowarenwert, GMV) entschieden, um damit eine bessere Vergleichbarkeit zu den Wettbewerbern herzustellen, argumentierte Gerbig. Das Wachstum bei den Bestellungen soll auf Jahressicht bei mehr als 45 Prozent liegen.

Die Anteilsscheine des Konzerns gaben am Donnerstagvormittag leicht nach um 1,2 Prozent auf gut 74,30 Euro nach.

Gedeckelte Gebühren als Hauptproblem

Als Hauptgrund für den erwarteten Jahresverlust nannte Gerbig die gedeckelten Gebühren, die Lieferdienste von Restaurants in der Pandemie erhoben durften: "Marktplätze durften nicht mehr so viel Provision von ihnen nehmen wie üblich." Nach der Übernahme des US-Lieferdienstes Grubhub hätten sich entsprechende Effekte aus dem amerikanischen Markt bemerkbar gemacht. In der Pandemie war eine Maximalgrenze für Provisionen eingeführt worden, um den Gaststätten durch die Krise zu helfen. Die Verordnung fällt allerdings ausser Kraft, sofern Restaurants 90 Tage lang mit vollständiger Sitzkapazität öffnen dürfen. Die negativen Effekte daraus bezifferte der Konzern auf rund 200 Millionen Euro.

Für den US-Markt wolle Just Eat Takeaway nun seine Strategie anwenden, die bereits in Europa erfolgreich gewesen sei: "Wir schauen uns an, welche Regionen das Potenzial haben, nachhaltige Gewinne zu generieren und investieren dann fokussiert", sagte Gerbig. Bedeutet: Anstatt die gesamten Vereinigten Staaten in Angriff zu nehmen, will sich der Konzern auf bestimmte Metropolen wie Chicago konzentrieren.

Aus eigener Kraft stieg die Zahl aller Bestellungen in den Monaten April bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 47 Prozent auf 212,4 Millionen. Sogenannte Marketplace-Bestellungen machen nach wie vor den Löwenanteil aller Orders aus. Dabei vermittelt Just Eat Takeaway zwischen Kunden und Restaurant und streicht dafür eine Provision ein. Bestellungen, die von Just Eat Takeaway selbst ausgeliefert werden, legten ohne das US-Segment dagegen im zweiten Quartal um 131 Prozent auf 79,5 Millionen zu. Die Bestellzahlen seien erneut stark gewesen, kommentierte Analyst Marcus Diebel von der US-Bank JPMorgan.

Rechnet man die Grubhub-Übernahme hinzu, liegt das Wachstum spürbar unter den genannten Zahlen. So liegt das Wachstum für alle Bestellungen zehn Prozentpunkte niedriger (37 Prozent). Nur mit Blick auf die Delivery-Orders kommt ein Plus von 79 Prozent anstelle von 131 Prozent zusammen. Und auch im Vergleich zum Vorquartal lässt das Tempo des erweiterten Konzerns etwas nach.

Die neue Konkurrenz in Deutschland, einem der wichtigsten Märkte des Konzerns, spielte Gerbig herunter. "Wir haben in vielen Ländern Konkurrenz gehabt und sind fast immer als Sieger hervorgegangen, auch durch unseren starken Fokus auf die Bedürfnisse unserer Kunden und Partner." Wettbewerber müssten sich erst Netzwerke aufbauen, und das brauche Zeit. Im August will der frühere Konkurrent Delivery Hero mit der Marke Foodpanda zurück nach Deutschland kehren. Darüber hinaus konkurrieren das finnische Start-Up Wolt und Uber Eats hierzulande um Kunden.

(AWP)