Am Dienstag A Small World (ASW), am Donnerstag Sensirion und am Freitag Medartis: Die laufende Woche ist geprägt von Schweizer Börsengängen wie selten. Während das soziale Netzwerk A Small World, das auch als "Facebook für Reiche" bezeichnet wird, für Investoren aufgrund mangelnder Ertragsaussichten kaum von Relevanz sein wird, lohnt sich ein Blick auf die anderen beiden IPO (Initial Public Offering).

Die zwei anderen Firmen haben intaktere Wachstumschancen. Sensirion, ein Hersteller von Sensoren, wird von strukturellen Trends wie Internet der Dinge, Energieeffizienz oder Digitalisierung angetrieben. Das Unternehmen will mittelfristig 10 bis 15 Prozent wachsen.

Wachstum steht auch im Zentrum der Pläne des zweiten aussichtsreichen Börseneinsteigers, dem Medizinaltechniker Medartis aus Basel. Die Vertriebsaktivitäten sollen in den USA sowie in Japan und China ausgeweitet werden. Zwar zeigt sich die Firma im Gegensatz zu Sensirion bezüglich konkreter Ziele noch bedeckt, doch will man die Gewinnmarge auf Stufe EBITDA von derzeit 18 Prozent durch den Einstieg in grössere Märkte weiter steigern.

Gute Story nicht blind kaufen

Wachstumspläne allein machen aber noch kein gutes Investment. "Es ist wichtig, nicht blind die Story zu kaufen, sondern strikt auf die Bewertung zu achten", sagt ein Fondsmanager von Schweizer Aktien, der nicht mit Namen genannt werden möchte, zu cash.

Schon manche Wachstumsstory ist an der Börse nach einer Starteuphorie auf dem Boden der Realität gelandet, da muss man gar nicht so lange zurückblenden. Die Onlineapotheke Zur Rose, die am ersten Handelstag am 6. Juli 2017 noch knapp 6 Prozent zulegte, lag nach einer Woche bereits um 2 Prozent unter dem Eröffnungskurs des Börsengangs und hat bis heute sogar einen Drittel an Wert eingebüsst (zur Tabelle mit der Kursentwicklung der Börsengänge 2017).

Droht den aktuellen Börsenneulingen ähnliches Ungemach? Das ist nicht ausgeschlossen. Mit Blick auf die Bewertungen ist Medartis zu teuer. Die Firma wird ihre Aktien zu einem Preis zwischen 44 bis 54 Franken anbieten, nach Berechnungen des angefragten Fondsmanagers wären jedoch maximal 40 Franken angebracht gewesen. "Man macht sich keinen Gefallen mit diesem Pricing, das sich von der Bewertung her an Firmen mit einem längeren Track Record orientiert", so das Fazit des Fondsmanagers.

Medartis muss noch einiges zulegen, um den angestrebten hohen Startpreis zu rechtfertigen. Gut möglich daher, dass es nach einer ersten Anfangseuphorie zu einer Korrektur kommen könnte. Anleger sollten hier mit einem Investment zuwarten. Denn die Basler sind im Bereich der Herstellung chirurgischer Titanplatten noch ein (zu?) kleiner Fisch. Gemäss Angaben der NZZ kommt die Firma im jährlich 6,6 Milliarden Dollar umsetzenden Gesamtmarkt auf lediglich 2 Prozent Marktanteil. Marktführer sind die Firmen DePuy Synthes, Stryker und Zimmer Biomet.

Wächst Sensirion in die Bewertung hinein?

Der Schweizer Fondsmanager hält einen Einstieg bei Sensirion für die bessere Wahl und wird dort selber auch gleich zu Beginn kaufen. Dies, weil der Endmarkt ein zweistelliges Wachstum biete und Sensirion über Produkte verfüge, die sich bereits bei vielen industriellen Lösungen etabliert haben.

Aber auch bei Sensirion ist die Bewertung der Knackpunkt: Zwischen 28 bis 36 Franken bewegt sich die festgelegte Preisspanne beim Börsengang. Gemäss Berechnungen von Julius Bär ist diese um bis zu 40 Prozent zu hoch angesetzt. Die Bank warnt vor den hohen (in Franken) anfallenden Kosten sowie vor Integrationsrisiken im Zusammenhang mit einer kürzlich in der Automobilindustrie getätigten Übernahme.

Die Bewertung ist vergleichbar mit AMS oder U-Blox", verteidigte letzte Woche Sensirion-CEO Marc von Waldkirch in einem Interview mit der "Finanz und Wirtschaft" die hohe Aktienbewertung. Sowohl AMS als auch U-Blox sind in ähnlichen Bereichen wie Sensirion tätig und haben in den vergangenen Jahren ihre hohen Bewertungen mit einem starken Wachstum gerechtfertigt.

Und das ist der Krux an der Sache mit den Bewertungen: Ob eine Aktie zu teuer ist, kann nicht abschliessend beurteilt werden. Eine Wachstumsgeschichte kann auch in ihre hohe Bewertung "reinwachsen". Beispiel AMS: Das geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis für das Jahr 2017 liegt bei hohen 95. Nimmt man aber den für 2019 erwarteten Gewinn als Massstab (KGV 2019), verringert sich die Bewertung auf nur noch 16.

Performance der Neukotierungen 2017 an der Schweizer Börse

Aktie (erster Handelstag)Performance 1. HandelstagPerformance 1. HandelswochePerformance gesamt
Galenica (07.04.17)0%+3,4%+12,1%
Idorsia (16.06.17)+36,5%+55,0%+143%
Zur Rose (06.07.17)+5,9%-2,1%-31,3%
Landis+Gyr (21.07.17)-0,6%-3,2%-3,6%
Poenina (16.11.17)+6,2%+9,3%+13,0%

Quellen: six.ch, cash.ch