Es ist genau drei Monate her, als die Märkte zu drehen begannen. Am 19. Februar erlebte der Swiss Market Index mit seinen 20 wichtigsten Schweizer Aktien seinen bisher absolut höchsten Tagesschlusskurs bei 11'263 Punkten. Ab dem 20. Februar rutschten die Kurse, bis sie einen Monat später einen Boden fanden. Der Schlusskurs vom 23. März zeigte 8161 Punkte an.

Die Aktienmärkte bewegen sich in letzter Zeit aber wieder schnell. Der SMI hat etwa die Hälfte seines Sturzes vom Februar und März schon aufgeholt. Einen Vorteil hat der Schweizer Leitindex durch seine defensive Ausrichtung.

Der SMI mit dem Rekordhoch am 19. Februar 2020 und der anschliessenden Korrektur sowie Teil-Erholung (Grafik: Bloomberg).

Der S&P 500, der als einer der massgebenden Indices für westliche Börsen gilt, erreichte diese Woche ein Zehn-Wochen-Hoch. Am Montag bewegte er sich bei 2954 Punkten auf dem Niveau, das zuletzt Anfang März angezeigt wurde.

Das war nur Tage vor dem Zeitpunkt, bevor zur Verhinderung der Coronavirus-Ausbreitung rund um den Planeten massive Einschränkungen im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben erlassen wurden. Dies löste die globale Rezession aus.

Rennen um einen Impfstoff

Dem SMI fehlt zum Rekordlevel ein massiver Brocken von etwa 1500 Punkten. Der wichtigste Treiber für eine Erholung in Richtung früherer Höchststände wäre derzeit wohl ein Impfstoff gegen das Coronavirus. Wie schnell nur schon Hoffnungen auf einen Durchbruch den Markt antreiben, bewies gerade das US-Unternehmen Moderna. Das Biotechunternehmen, mit dem auch Lonza zusammenarbeitet, stieg am Montag nach klinischen Erfolgen in der Impfstoffforschung innerhalb eines Handelstages um 20 Prozent.

Die Einschränkung: Solange kein Impfstoff existiert, ist der Markt extrem empfindlich auf Rückschläge. Anlageexperten beschäftigt daneben aber auch die Frage, wie viel von der Krise die Märkte eingepreist haben. Oder: Was sie eingepreist haben – oder noch einmal anders gefragt, ob sie überhaupt verlässlich etwas einpreisen können.

Ein bereits wieder überkaufter Markt? 

Die Gewinnaussichten der Unternehmen und damit ein wichtiger Treiber der Aktienmärkte sind nicht leicht abschätzbar. Dividenden werden gestrichen und gekürzt, Investitionen sind verschoben, und die künftige Geschäftswelt könnte anders aussehen als vor der Krise. 

Manchen ist die Kurserholung auch schlicht zu schnell gegangen. Ein "überkaufter" Markt bleibt ein anfälliger Markt. Sackt der Markt wieder für eine begrenzte Zeit ab, wäre dies eine Korrektur. Schlimmer wäre eine langanhaltende Baisse.

Und doch ist überhaupt nicht gesagt, dass es zu einer Korrektur oder zu einer Baisse kommt. Aktienbullen glauben daran, dass die Wirtschaft sich nach der Krise schneller erholen könnten als gedacht. So ist für sie klar: Solange das Licht am Ende des Tunnels nicht sichtbar ist, malen Prognostiker zu düster.

Massive Geschütze der Notenbanken und Regierungen

Denn die Märkte reagieren bereits positiv auf "fiskale Stimuli". Die Zinsen sinken und Regierungen hantieren mit enormen Kredit- und Stützungsprogrammen. Die Eurozone dürfte alle Instrumente in der Trickkiste einsetzen, um einen finanziellen Kollaps Italiens zu verhindern. 

In den USA begannen sich die Kurse etwa zur gleichen Zeit zu erholen, wie die Arbeitslosenquote dramatisch in den Himmel schoss. Die deutlichen Zinssenkungen der Notenbank Fed werden von den Märkten im Moment höher gewichtet als die Arbeitsmarktzahlen. Banken nutzen billiges Geld nicht nur für die Kreditvergabe, sondern auch für Anlagen.

Es ist immer noch, Rezession hin oder her, viel Geld vorhanden, das angelegt werden will. Und dieses dürfte, so das Argument, seinen Weg zu einem grossen Teil weiterhin dorthin finden, wo es schon in den vergangenen zehn Jahren geflossen ist: In qualitativ hochstehende Aktien. Und gerade der Schweizer Markt kann nach wie vor auf vieler dieser Art zählen. 

So gibt es also eine grössere Zahl von Argumenten für oder gegen eine weitere grosse Korrektur am Aktienmarkt. Die Unsicherheit ist nach wie vor gross. Aber was ist Ihre Meinung, liebe Leserinnen und Leser? Dazu können Sie Ihre Einschätzung in unserer Umfrage kundtun.