Die alte Börsenweisheit, dass man im September an die Börsen zurückkehren sollte, könnte in diesem Jahr zutreffen. Allerdings sollten Anleger noch besser den Oktober abwarten.

"Kurzfristig, das heisst im September, erwarte ich einen Rückschlag des Swiss Market Index, dann geht es bis Jahresende wohl nochmals in Richtung 8250 Punkte", sagt Alex Hinder, Vermögensverwalter und Inhaber von Hinder Asset Management, im cash-Börsen-Talk.

Der Vermögensverwalter, der bis 2006 Anlagechef der Bank Leu war und sich dann selbständig machte, glaubt aber nicht, dass der SMI-Spitzenwert von 8411 vom Mai in diesem Jahr nochmals erreicht wird. "Das Jahreshöchst beim Swiss Market Index haben wir wohl gesehen."

Hinder erwartet einen weiteren Anstieg der langfristigen Zinsen, was die Börsen kurzfristig weiter schwächen würden. Dieser Umstand, zusammen mit der nachlassenden Gewinndynamik der Unternehmen, drücke seit längerem auf die Aktienkurse. "Wir befinden uns seit Monaten in einer Konsolidierungsphase." Er habe die Aktienpositionen in den letzten Monaten denn auch graduell gesenkt, sagt Hinder.

Weiterer Kursrückgang in einzelnen Schwellenländern

Der Anstieg der langfristigen Zinsen geht auf Anmerkungen von Federal-Reserve-Chef Ben Bernanke im Mai zurück. Er erklärte damals, dass die US-Notenbank ihre ultralockere Geldpolitik beenden wolle, sobald die Konjunkturerholung für einen nachhaltigen Rückgang der Arbeitslosigkeit sorge. Die US-Notenbanker entscheiden das nächste Mal am 18. September über ihren weiteren geldpolitischen Kurs und über die Frage, wann sie konkret damit beginnen wollen, weniger Staats- und Immobilienanleihen zu kaufen.

Hinder rechnet damit, dass die Notenbank den Umfang ihrer Anleihenkäufe im September zurückfahren wird. Aber auch darüber hinaus werde noch weiterhin jeden Monat darüber gerätselt werden, wie die US-Notenbank mit dem Programm weiterfahren werde. Dies werde die Börsen weiter verunsichern.

Der Anstieg der langfristigen Renditen hat in den Schwellenländern zu Turbulenzen geführt. Aktien und Devisen fallen seit Mai dramatisch. "Die Firmen dort haben teilweise sehr hohe Dollarschulden, und die Dollarzinsen steigen an", erklärt Hinder im Börsen-Talk. Investoren ziehen daher ihre Gelder panikartig ab und kaufen stattdessen amerikanische oder europäische Aktien. "In einzelnen Schwellenländern steht uns noch ein weiterer deutlicher Kursrückgang bevor. Daher ist es noch zu früh, in Emerging Markets einzusteigen", so Hinder. Besonders Indien und die Türkei seien sehr verwundbar.

Grossbanken auf der Kaufliste

Aus einheimischer Aktiensicht bevorzugt Hinder die Titel von Grossbanken. "Längerfristig steht der Bankensektor vor einer Neubewertung. Das Preis-Buchwert-Verhältnis bewegt sich noch immer um 1. Das heisst, die Banken sind im längerfristigen Bereich noch immer unterbewertet", so Hinder. Ein Umfeld von steigenden Zinsen werde den Bankensektor weiter stimulieren in den nächsten Jahren, da die Banken die Zinsmarge so ausweiten könnten.

Ein Kursziel der Credit-Suisse-Aktie von 37 Franken auf die nächsten 12 Monate, wie dies die Bank of America Merrill Lynch diese Woche propagiert hatte, beurteilt Hinder zwar als "sportlich". Er sieht aber einen weiteren Kursanstieg von 20 bis 30 Prozent bei den Grossbankaktien in den nächsten zwei Jahren. Die Aktien des Pharma- und Nahrungsmittelsektors im SMI sind für Hinder relativ teuer bewertet.

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Alex Hinder auch zu den Aussichten für den Dollar und über ein mögliches Wiederaufleben der Probleme in der Eurozone.