Wie zu hören ist, sei der Entschluss stark von Lagardes Kommentaren drei Wochen zuvor in Lissabon geprägt gewesen. Dort hatte sie erklärt, es sei "viel zu früh" und "eigentlich unnötig", über eine Stimulus-Reduzierung nachzudenken. Angesichts dieser Äusserungen hätten die Geldpolitiker dann entschieden, dass es wirtschaftlich schädlich wäre, die Käufe zu drosseln, hiess es. Ein Sprecher der EZB lehnte einen Kommentar ab.

Vor Lagardes Äusserungen in der portugiesischen Hauptstadt war im EZB-Rat eine rege Debatte darüber entbrannt, ob die Anleihekäufe verlangsamt werden sollten. Mit dem Rückgang der Corona-Infektionen und dem Wiederaufschwung der Wirtschaft wurde argumentiert, dass der Euroraum weniger auf geldpolitische Unterstützung angewiesen sein könnte.

Geteilte Meinung

Ökonomen und Investoren waren geteilter Meinung darüber, ob die EZB ihre Bondkäufe verlangsamen würde. Nach den Lissabon-Kommentaren Lagardes und in die gleiche Richtung gehenden Signalen unter anderem von Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau revidierten sie ihre Vorhersagen.

Lagarde gewann schliesslich Unterstützung für die Entscheidung, die Anleihekäufe in einem "deutlich höheren" Tempo als in den ersten Monaten des Jahres beizubehalten, obgleich es Divergenzen über einige Details gab.

Auch in Bezug auf den nächsten Schritt der EZB sprudeln bereits wieder Meinungsverschiedenheiten im Rat an die Oberfläche. Einige Mitglieder nutzten die Sitzung der letzten Woche, um Aufwärtsrisiken für den Inflationsausblick hervorzuheben, und diese Ansichten wurden in dieser Woche in öffentlichen Äusserungen aufgegriffen.

(Bloomberg)