Ab Montag weitet die Europäische Zentralbank (EZB) das Rückkaufprogramm für Schuldverschreibungen auf Staatsanleihen der Mitgliederländer aus. Ab dann werden monatlich 60 Milliarden Euro in die Märkte gepumpt. Schon im Vorfeld dieser Liquiditätsschwemme ist die Rendite europäischer Staatsanleihen auf den tiefsten Stand in der Geschichte gefallen.

Obschon sich die Renditen deutscher Bundesanleihen bereits etwas von den Tiefständen gelöst haben, werfen sie derzeit nur gerade 0,37 Prozent im Jahr ab. Mit 2,07 Prozent rentieren amerikanische Staatsanleihen mit derselben Laufzeit deutlich mehr ab, dürfte die dortige Notenbank ihre Leitzinsen doch schon Mitte Jahr erstmals wieder anheben.

Eine gewagte These vertritt der Chefstratege des Global Equity Research der Credit Suisse. Unter Berufung auf seine für die Anleihenstrategie tätigen Kollegen schreibt er, dass die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen bis Ende Jahr auf 2,85 Prozent steigen werde. Bei den deutschen Bundesanleihen sei sogar mit einem überproportional starken Renditeanstieg auf 1,35 Prozent zu rechnen.

Steigende Zinsen positiv für Aktien?

Die Anleihenmärkte würden sich für gewöhnlich an den Neuaufträgen der Einkaufsmanager-Indizes orientieren, so argumentiert der Stratege. Diese Komponente weise nicht nur in Europa, sondern weltweit anziehende Tendenzen auf. Fallende Inflationserwartungen und der Ölpreiszerfall hätten dazu geführt, dass die Anleihenmärkte überhitzt hätten und überbewertet seien.

Beruhigende Worte richtet der Chefstratege an die Aktienanleger. Ein leichter Anstieg bei den Zinsen sei für gewöhnlich positiv für Aktien. In einem solchen Umfeld sei in 90 Prozent der Fälle mit einer überdurchschnittlichen Kursentwicklung konjunkturabhängiger Aktien und Sektoren zu rechnen. Diese These untermauert die Credit Suisse auch gleich mit einer beeindruckenden Zahl: In der Vergangenheit hätten zyklische Aktien über eine Zeitspanne von 8,5 Monaten um 22 Prozent besser abgeschnitten als konjunkturunabhängige Aktien und Sektoren.

Viele Banken setzen auf konjunkturabhängige Aktien

Der eigenen Kundschaft rät die Schweizer Grossbank deshalb weiterhin zu einem Übergewicht in den Aktien europäischer Automobilhersteller, Stellenvermittler, Softwarehersteller und Werbeagenturen. Gleichzeitig legt der Chefstratege den Kunden einen Ausbau des Untergewichts im Bereich nichtzyklischer Konsum sowie eine Halbierung des Übergewichts bei den Lebensversicherungsaktien nahe. Den Verkaufserlös lässt er in die europäischen Bankaktien fliessen.

Mit dieser Empfehlung befindet sich die Credit Suisse in bester Gesellschaft. Auch viele andere Banken finden sichtlich Gefallen an konjunkturabhängigen Aktien und Sektoren, unter anderem die Rivalin UBS.