Denn die Rekrutierung von arbeitswilligen aber unterbeschäftigten Pensionären und Frauen wird schwierig bleiben. Die Schweizer Erwerbsbevölkerung stagniert und altert. Bis 2040 dürfte das Verhältnis der Erwerbspersonen zur Gesamtbevölkerung von über 54 Prozent auf 49 Prozent fallen. Weil gleichzeitig sich auch die Zuwanderung abschwächt, fehlt es der Schweizer Wirtschaft zunehmend an Nachwuchs. Ein Teil des Bedarfs könnte durch die Automatisierung von Tätigkeiten kompensiert werden. Gleichzeitig sorgt aber die Digitalisierung dafür, dass in gewissen Sektoren der Bedarf an Fachkräften ansteigt.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma könnte es sein, dass die Schweizer Wirtschaft die stillen Reserven des Schweizer Arbeitsmarktes anzapft. Doch das dürfte gemäss einer Studie der Credit Suisse kaum gelingen.

Denn es gäbe zwar eine beträchtliche Zahl von arbeitswilligen oder unterbeschäftigter Personen in der Schweiz. Doch strukturelle Rahmenbedingungen wie fehlende Krippen, steuerliche Fehlanreize und hohe Sozialversicherungskosten bei älteren Arbeitnehmenden verhinderten die Mobilisierung dieses Potenzials, sagte Studienautor Jan Schüpbach an einer Medienkonferenz in Zürich.

Stille Reserve von 264'000 Personen

Schüpbach und sein Team haben errechnet, dass in der Schweiz über 800'000 Personen an zusätzlicher Arbeit interessiert wäre. Dazu zählen neben den Erwerbslosen auch unterbeschäftigte Personen sowie die unter 75-jährigen Rentnerinnen und Rentner.

Bei den Erwerbslosen und den unterbeschäftigten Personen orten die CS-Ökonomen jedoch kein grosses zusätzliches Arbeitskräftepotenzial. Dies weil bei beiden Gruppen die angebotenen Fähigkeiten nicht den nachgefragten entspricht, wie Schüpbach ausführte.

Tatsächlich mobilisierbar wären laut CS jedoch diejenigen rund 264'000 Personen, die grundsätzlich Arbeit suchen, aber zurzeit nicht verfügbar sind. Oder die verfügbar sind, aber nicht auf Arbeitssuche sind. Den weitaus grössten Teil dieser Gruppe machen Frauen aus. Ein beträchtliches Arbeitskräftepotenzial gibt es gemäss CS auch bei den Pensionierten.

Bei beiden Gruppen gibt es jedoch laut Schüpbach handfeste Gründe, warum diese Gruppen zurzeit nicht oder wenig arbeiten. Bei den Frauen seien einerseits steuerliche Fehlanreize wie die Heiratsstrafe, die dazu führe, dass Frauen und Mütter nicht arbeiten. Hinderlich seien andererseits auch das fehlende oder zu teures Krippenangebot.

Firmen kaum an älteren Arbeitnehmenden interessiert

Bei den arbeitswilligen und gut qualifizierten Rentnern gibt es sowohl auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite Hürden. So seien Unternehmen sehr zurückhaltend bei der Einstellung von älteren Personen, sagte Schüpbach. Auf der Angebotsseite haben viele der arbeitswilligen Rentnerinnen und Rentner hohe Ansprüche an eine Arbeit.

"Ein gewichtiger Teil geniesst wohl den Ruhestand und stände nur zur Verfügung, wenn die Anstellung inhaltlich wie monetär besonders attraktiv wäre", sagte CS-Chefökonom Oliver Adler.

Die CS stützte sich bei der Studie zur stillen Reserve im Schweizer Arbeitsmarkt auf die Arbeitskräfteerhebung (SAKE) des Bundesamtes für Statistik und die eigene KMU-Studie 2017, die Ergebnisse der Befragung von 1900 kleineren und mittleren Unternehmen zusammenfasst.

(AWP)