Noch bis vor wenigen Wochen galt der Dollar an den Devisenmärkten als das Mass aller Währungs-Dinge. Alleine zwischen Ende Dezember und Mitte April kletterte der Greenback zum Euro um gut 15 Prozent.
Währungsexperten sahen den Dollar schon auf bestem Weg in Richtung der Parität von eins-zu-eins.

Ihr Schlüsselargument: Während die Zinsen in Europa noch auf Jahre hinaus tief bleiben, zeichnet sich in den USA eine erste Leitzinserhöhung durch die US-Notenbank ab. Dadurch eröffnen sich den Anlegern im Dollar attraktivere Renditemöglichkeiten. Doch es sollte alles anders kommen. Baldige Zinserhöhungen sind nun kaum noch wahrscheinlich. Der Greenback hat seit Mitte April gegenüber dem Euro denn auch rund 5 Prozent und zum Franken immerhin gut 4 Prozent eingebüsst.

cash hat sich bei bekannten Währungsstrategen herumgehört. Eine überwältigende Mehrheit der Experten rechnet gegenüber dem Euro mit einem weiterhin deutlich stärkeren Dollar. Es gibt mittlerweile aber auch einige davon abweichende Meinungen.

Transatlantische Unterschiede bleiben bestehen

Gerade in amerikanischen Bankenkreisen bleibt die Euro-Dollar-Parität weiterhin ein Thema. Goldman Sachs sieht die europäische Einheitswährung bis in 12 Monaten auf 0,95 Dollar fallen. Bis Ende 2017 sei sogar von einem Rückschlag auf 0,80 Dollar auszugehen, schreibt die Investmentbank. Mit anderen Worten: Goldman Sachs rechnet in den nächsten zweieinhalb Jahren mit einem um knapp 40 Prozent festeren Dollar.

Begründet wird diese geradezu atemberaubende Prognose mit der unterschiedlichen Zins- und Geldpolitik der beiden Wirtschaftsräume. Denn während die Europäische Zentralbank (EZB) seit März monatlich 60 Milliarden Euro in die Märkte pumpt, fährt die US-Notenbank ihre Bilanz langsam aber sicher zurück. Gleichzeitig versucht sie schon seit geraumer Zeit, die Märkte auf die erste Leitzinserhöhung seit acht Jahren einzuschwören.

Wird die US-Wirtschaft zum Spielverderber?

Auch andere Banken wie Morgan Stanley oder die Deutsche Bank teilen diese Meinung und prognostizieren einen deutlich stärkeren Dollar. Dies nicht nur gegenüber dem Euro, sondern auch zum Franken. Seit wenigen Wochen kommen, wie erwähnt, allerdings immer häufiger Zweifel an einer baldigen Leitzinserhöhung in den USA auf. Der Grund liegt bei mehrheitlich enttäuschenden Nachrichten aus der dortigen Wirtschaft.

Den traurigen Höhepunkt bildete kürzlich die provisorische Erhebung des Bruttoinlandprodukts. Mit einer aufs Gesamtjahr hochgerechneten Zunahme von 0,2 Prozent blieb die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal nahezu unverändert. Experten gingen im Vorfeld von einem Wachstum von 1,1 Prozent aus. Die Wachstumsschwäche liegt einerseits am starken Rückgang der Nettoexporte und andererseits am Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen.

Für die US-Notenbank kommt diese Entwicklung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Ursprünglich hatten ihre Vertreter schon für kommenden Monat eine erste Anhebung der Leitzinsen in Aussicht gestellt. In Anbetracht der überraschend schwachen Wirtschaftsindikatoren dürfte eine Erhöhung aber frühestens im Herbst aktuell werden.

Noch kein Umdenken bei den Währungsexperten

Mit den niedrigeren Zinserwartungen in den USA geht dem Dollar fürs erste ein gewichtiges Argument verloren. Mittlerweile gibt es sogar erste Währungsexperten, die mit einem weiterhin schwächeren Dollar rechnen. Der Chefstratege von UniCredit geht bis Ende Jahr beispielsweise von einem Anstieg des Euro auf 1,17 Dollar aus. Das entspräche einem Anstieg von etwas mehr als 5 Prozent.

Gegenüber dem Franken sieht der Experte den Greenback allerdings zwischen 0,94 und 0,95 Franken einpendeln. Erst Ende nächsten Jahres soll sich der Dollar wieder auf die Kaufkraftparität bei einem Franken erholen. Diese Erwartung deckt sich mit der zahlreicher anderer Banken.

Bislang haben nur einige wenige Banken ihre Dollar-Prognosen überarbeitet. Sollten weiterhin verhaltene Nachrichten aus der amerikanischen Wirtschaft eintreffen, besteht jedoch zusehends Handlungsbedarf. Gut möglich, dass einige Währungsstrategen dann von ihren doch sehr optimistischen Prognosen für den Dollar wieder abweichen. Mit jedem unter den Erwartungen liegenden Wirtschaftsindikator bröckelt die Farbe beim Greenback jedenfalls wieder ein bisschen mehr.