In den letzten Jahren sind die Börsen-Neulinge an der Schweizer Börse rar geworden. 2010 wagten vier Gesellschaften den Schritt an die SIX, 2011 und 2012 öffneten sich gerade noch zwei Unternehmen der Öffentlichkeit. Das ist kein Vergleich zum Boomjahr, als im Sog der Dot-Com-Euphorie innerhalb von zwölf Monaten 27 Gesellschaften eine Börsenkotierung beantragten.

Die Zeichen stehen indes gut, dass in diesem Jahr wieder mehr Börsengänge stattfinden werden. Die monatelange Hausse, die steigenden Handelsvolumen sowie die gesunkene Volatilität bieten ein Umfeld, wie es an den Finanzmärkten schon seit mehreren Jahren nicht mehr gegeben hat. Zusätzlich gestützt wird das Umfeld vom schwächelnden Franken, der die Schweizer Börse für ausländische Investoren wieder attraktiver macht.

IPO-Fenster öffnet sich Mitte Februar

In zwei Wochen öffnet sich traditionellerweise das erste von zwei Zeitfenstern, in welchen ein Initial Public Offering (IPO) üblicherweise stattfindet. Zu diesem Zeitpunkt haben die ersten Firmen bereits ihre Jahreszahlen publiziert - und sind somit für den Gang an die Öffentlichkeit gerüstet.

Bei den Experten herrscht Zuversicht, dass in den kommenden Monaten eine Trendwende bei den IPO stattfindet. "Bereits im vierten Quartal 2012 wurde ein Anstieg im Bereich Mergers & Aquisitions festgestellt", sagt Roger Müller, Partner und Leader Financial Accounting Advisory Services bei Ernst & Young. Er geht davon aus, dass in den kommenden Monaten einige Firmen den Börsengang wagen werden. Daniel Flaig, Partner bei Capvis Equity, geht davon aus, dass "wir zwischen Ostern und Sommer Börsengänge sehen werden."

Auch Ronald Sauser, CEO der Leonardo & Co. Schweiz, glaubt an einen Aufschwung. "Wenn die Nachfrage nach Aktien gross bleibt, könnte das Pricing für Börsen-Neulinge so attraktiv werden, dass der eine oder andere Kandidat seine IPO-Pläne aus der Schublade zieht", sagt der ehemalige Investment-Banker.

Sunrise und Swissport als Kandidaten

Konkrete Unternehmen will keiner nennen, doch einige Kandidaten werden hinter vorgehaltener Hand herumgereicht - auch wenn sich unter ihnen kaum klingende Namen befinden. Der bekannteste Anwärter ist Sunrise, die im Besitz der Londoner Private-Equity-Gesellschaft CVC Capital ist. Diese möchte den Telekomanbieter in naher Zukunft an die Börse bringen. Allerdings dürften diese Pläne nach dem jüngsten Chefwechsel bei Sunrise vorerst aufgeschoben sein.

Ebenfalls im Gespräch sind die ehemaligen Swissair-Töchter Swissport und Nuance, die von der französischen Private-Equity-Gruppe PAI Partners gekauft wurden. Beide gelten als valable IPO-Kandidaten. Weitere Unternehmen, denen Börsen-Aspirationen nachgesagt werden, sind der Genfer Laborausrüster Unilabs, der weitgehend unbekannte Chemie- und Gesundheitskonzern Alliance Boots mit Sitz in Zug sowie die Immobilienfirma Fortimo aus St. Gallen. Beschlossene Sache ist der Börsengang bereits bei der Thurgauer Kantonalbank. Ihr Zeitplan sieht allerdings frühestens eine Kotierung per Ende 2013 oder Anfang 2014 vor. 

Gemäss Medienberichten soll die IPO-Marktführerin Credit Suisse ihrerseits ein gutes Dutzend Firmen in der Planungsphase haben, die ein Emissionsvolumen von rund 10 Milliarden Franken aufweisen.

Bei diesen und anderen Anwärtern könnte sich ein allfälliger Börsengang bis zum zweiten IPO-Fenster im Herbst hinziehen. "Die meisten IPO-Kandidaten sind nicht vorbereitet, da sie in den letzten Jahren mit strukturellen Bereinigungen beschäftigt waren. Sie können also nicht auf Knopfdruck ein IPO starten", sagt Hanspeter Gehrer, Leiter Corporate Finance bei Vontobel.

Gefahren für Anleger

Etwas bremsend könnten indes die wachsenden Anforderungen der Regulatoren wirken. "IPO-Kandidaten werden heute die Vor- und Nachteile eines Börsengangs sorgfältiger abwägen als zu den Boomzeiten der 80-er und Ende der 90-er Jahre", sagt Andreas Neumann. Die minimale Unternehmensgrösse sei inzwischen tendenziell angestiegen, sagt der Leiter Equity Capital Markets der Zürcher Kantonalbank. Der Wert der frei handelbaren Aktien nach dem IPO solle zumindest 60 bis 100 Millionen Franken betragen, so Neumann. 

Für Anleger sind solche Börsengänge jedoch nicht ganz risikolos, wie die letzten Jahre gezeigt haben. Seit März 2006 sind 40 Unternehmen an die Schweizer Börse gegangen. Von ihnen hat nur knapp jeder fünfte Börsen-Neuling eine positive Performance erzielt. Die übrigen bescherten ihren Investoren Kursverluste. Zuletzt waren die Börsengänge wieder erfolgreicher. Das Handelsunternehmens DKSH ging im Mai 2012 zu 58 Franken pro Aktie an die Börse, heute notiert die Aktie bei 72 Franken. Im vergangenen Oktober wagte EFG Financial Products den Schritt aufs Parkett. Wer die Aktie am ersten Handelstag für 45 Franken kaufte, bekommt heute dafür knapp 3 Franken mehr.