Mit einer Ausnahme war das Bild in den letzten acht Jahren stets dasselbe: Die aus Schweizer Sicht wichtigsten Aktienmärkte entwickelten sich in der Tendenz in die gleiche Richtung. Der breit gefasste amerikanische S&P 500 gab dabei dem Euro Stoxx 50 und dem Swiss Market Index (SMI) den Takt vor.

Doch in diesem Jahr scheinen die drei Indizes wieder ein Eigenleben zu entwickeln. SMI (+5 Prozent) und S&P 500 (+2 Prozent) stehen deutlich weniger im Plus als der europäische Markt, der schon 20 Prozent dazugewonnen hat. Das Gleiche gilt auch für die Konjunkturzyklen in den einzelnen Regionen. Während der langfristige Trend in der Schweiz in Richtung Abschwung hindeutet, befindet sich die Euro-Zone in einer Aufstiegsphase, welche die USA bereits hinter sich hat. Das geht aus einer aktuellen Analyse der Bank Julius Bär hervor.

Die konjunkturellen Aussichten sind nur ein Aspekt, der die Aktienmärkte bewegt. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer Faktoren. Da wären erstens die Währungen. Welchen Einfluss Währungsschwankungen haben können, wurde Mitte Januar deutlich als die Schweizerische Nationalbank die Märkte auf Talfahrt schickte. Doch mittlerweile hat der Schweizer Aktienmarkt den Franken-Schock verdaut.

Der Fokus liegt derzeit vor allem auf dem Wechselkurs zwischen Dollar und Franken, wie mehrere Marktexperten sagen. Tatsächlich ist der parallele Verlauf von USD/CHF und SMI in den letzten Wochen augenfällig (siehe Chart). "Da der Schweizer Leitindex viele multinationale Unternehmen aufweist, profitiert der Index als gesamtes vom starken Dollar und kompensiert so den Euro-Währungsnachteil", sagt der auf Indexfonds spezialisierte Vermögensverwalter Alex Hinder.

Verlauf des Devisenkurses Dollar-Franken (rot) und des SMI (grün) im laufenden Jahr, Quelle: cash.ch

Ein Trend, der in den kommenden Monaten noch anhalten dürfte. Denn die bevorstehende Zinswende in den USA führt dazu, dass der Spread zwischen amerikanischen Staatsanleihen und ihren westlichen Pendants so gross ist wie seit Jahren nicht mehr. Sogar Krisenstaaten wie Italien kommen günstiger an Geld als die USA. Ein Umstand, der weiterhin für einen starken Dollar spricht.

Ungesundes Risiko?

Ein zweiter SMI-Treiber sind die von der SNB installierten Negativzinsen. Vor allem institutionelle Anleger wie Pensionskassen oder Investmentfonds streben zusehends in Aktien, weil das parkierte Geld den Ertrag schmälert.

"Die Risikobereitschaft nimmt klar zu", sagt Philipp Bärtschi, CIO der Bank J. Safra Sarasin. Ein zu hohes Risiko, wie Alex Hinder meint. Denn seiner Meinung nach sind die hohen Kurse nach wie vor übertrieben: "Die Gewinnerwartungen in der Schweiz sind beispielsweise rückläufig, und trotzdem steigen die Kurse weiter an."

Als dritter Punkt muss noch die wirtschaftliche Situation in der Euro-Zone erwähnt werden, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Diese löst sich langsam aus der Stagnation. Nicht zuletzt aufgrund des schwächeren Euros, der durch das gross aufgelegte EZB-QE herbeigeführt wurde.

Zum Beispiel Spanien: Im März ist die Arbeitslosigkeit so stark zurückgegangen wie seit 2002 nicht mehr. Spaniens Regierung geht davon aus, dass die Wirtschaft im laufenden Jahr um mehr als 2,4 Prozent wächst. Eine weiter anziehende Euro-Konjunktur hätte positives Überraschungspotenzial für den SMI.

Unterschiedliche Prognosen

Was bedeutet das unter dem Strich für die Zukunft des SMI, der auf dem Weg ist sein Allzeithoch von 2007 zu knacken? Philipp Bärtschi traut dem Index nicht mehr als eine Seitwärtsbewegung zu, "mit möglichen Ausschlägen nach oben oder unten." Denn es sei bereits ein teures Fundamentalniveau erreicht. Optimistischer ist die Bank Julius Bär. Die Charttechniker der Privatbank sehen den Leitindex auf 10'000 Punkte und damit erstmals in den fünfstelligen Bereich vorstossen.

Zusätzliches SMI-Potenzial nach oben erkennt auch Eric Steinhauser. Für den Anlagechef der Zürcher Privatbank Rahn & Bodmer sind die Märkte in der jüngsten Vergangenheit allerdings anfälliger auf Korrekturen geworden und er sagt deshalb: "Mögliche Ausschläge nach unten können in Zukunft heftiger sein."