Weil Zurich dank CEO James Schiro relativ unbeschadet durch die Finanzkrise gekommen war, standen die Zeichen für den Strahlemann Martin Senn gut, als er im Januar 2010 das Ruder übernahm. Richtig schwierig wurde es in seiner Position erst mit dem gescheiterten RSA-Deal vom vergangenen Sommer, den deutlichen Problemen in der US-Sachversicherung und einem Aktienkurs, der im Laufe dieses Jahres um 13 Prozent sank.

Risse im Gebälk wurden allerdings schon sichtbar, als Senn im Februar 2014 an der Kostenschraube zu drehen begann. Es wurde darüber diskutiert, dass Doppelspurigkeiten und Ineffizienz das Geschäft hemmen, gerade auch in der Schweiz.

Ein tieferer Grund dafür ist, dass der über 140 Jahre alte Traditionskonzern in den 90er Jahren stark gewachsen war. Der damalige Konzernchef Rolf Hüppi kaufte viel zusammen: Deswegen ist Zurich heute der grösste Schweizer Versicherer, der in der Schweiz aber im Sachgeschäft nur Rang zwei belegt und in der Lebensversicherung den sechstgrössten Marktanteil besitzt. 

Doch Hüppi verstieg sich: Die Zurich war Versicherer und Bank zugleich, und ein manchmal unrentabeles Sachgeschäft liess ich vor dem Platzen der Dot-Com-Blase auch mit Finanzmarktgewinnen subventionieren. 2002 kam der Beinahe-Kollaps. Hüppi musste gehen.

Sein Nachfolger Schiro stabiliserte den Konzern, aber die komplizierten Strukturen blieben. Dann aber kam es zu dramatischen personellen Ereignissen, nun unter Senns Führung: Starbanker Josef Ackermann trat Ende Augusat 2013 nach einem guten Jahr als Verwaltungsratspräsident zurück, nachdem der tragische Freitod von Finanzchef Pierre Wauthier menschliche Probleme in der Führungsetage offenlegte.

Den Ruf von Solidität, Zuverlässigkeit oder Langlebigkeit konnte ein Konzern namens Zurich Insurance Group bislang aber lange wahren. Und solange eine Dividendenrendite von 6,3 Prozent drinliegt, ist eine Aktie nicht nur bei Grossanlegern beliebt.

Aber was nützt den Aktionären eine Dividendenperle, wenn der Kurs langfristig nicht vorwärtskommt? Die Investoren werden weiter Druck auf die Nachfolgerin oder den Nachfolger Senns ausüben, auch auf den gesamten Verwaltungsrat unter der Führung von Tom de Swaan. Es gibt drei Milliarden Dollar Überschusskapital einzusetzen. Droht nun eine neue wilde Zukaufstrategie wie damals unter Rolf Hüppi?

Strategie-Fahrpläne und Renditeziele hin oder her: Die neue Person an der Spitze der Zurich muss sich einem harten globalen Konkurrenzkampf und wohl noch lange tiefen Zinsen stellen, diszipliniert Geschäfte zeichnen oder mit der fortschreitenden Digitalisierung Schritt halten. Und dann - wenn man bedenkt, dass Senn das US-Geschäft aus dem Ruder lief - muss der neue Konzernlenker es auch schaffen, einem Weltkonzern mit 55'000 Mitarbeitern und Kunden in 170 Ländern endlich eine Art einheitliche Richtung zu geben. Ohne häufige Personalwechsel auf höchster Ebene.