Am Freitag kam die Wirdecard-Aktie auf einen Kursverlust von 99 Prozent seit Jahresbeginn. In den beiden Handelssitzungen seit dem Tief vom Freitag haben sich die Aktien des skandalumwitterten Zahlungsdienstleisters aber wieder mehr als vervierfacht, wobei in jeder Sitzung mehr als 36 Millionen Aktien den Besitzer gewechselt haben - mehr als das Zehnfache des Durchschnitts der letzten 12 Monate.

Das erinnert an das bizarre Handelsmuster bei den Aktien der US-Mietwagenfirma Hertz Global im vergangenen Monat: Eine Aktie, die mit ziemlicher Sicherheit wertlos ist, regt trotz Warnungen von Experten die Fantasie einzelner Anleger an.

Die Erholung der stark gedrückten Aktien wird eher von Spekulanten als von irgendwelchen Fundamentaldaten angetrieben, sagte Insolvenzspezialist Volker Beissenhirtz aus Berlin. “Es erinnert mich an Hertz, die eine ähnliche Wendung genommen haben, bis der letzte Idiot merkt, dass nach der Insolvenz kein Eigenkapital mehr übrig sein wird.”

Natürlich haben einige Day-Traders wahrscheinlich Geld gemacht, indem sie die so genannte “Greater Fool Theory” nutzten, derzufolge es im Markt immer noch einen größeren Trottel gibt, der bereit ist, jeden Preis für eine Anlage zu zahlen. Sie kauften während der Rally von 154 Prozent am Montag oder des Kursanstiegs von bis zu 182 Prozent am Dienstag und machten dann Kasse. Die längerfristigen Aussichten für die Aktien sind nicht so gut.

Selbst wenn es Wirecard gelingt, einen Teil seiner Vermögenswerte zu verkaufen, seien die Chancen der Aktionäre, nach der Liquidation irgendwelche Erlöse zu erhalten, sehr gering, sagt Nord/LB-Analyst Wolfgang Donie. Seit das Unternehmen am 18. Juni die Bombe
platzen liess und zugab, dass Gelder in Milliardenhöhe unauffindbar seien, ist Donie einer von nur drei von Bloomberg beobachteten Analysten, der noch ein aktives Rating und ein 12-Monats-Kursziel von derzeit 1 Euro pro Aktie hat. Die beiden anderen, Independent Research und Oddo BHF, haben Kursziele von 1 Euro bzw. 35 Euro.

Wirdecard-Mitarbeiter in Deutschland haben unterrichteten Kreisen zufolge ihre Gehaltszahlungen für Juni noch nicht erhalten. Damit hat der Zusammenbruch des Unternehmens auch die Belegschaft erreicht.

(Bloomberg)