Seit sich in den USA weitere Zinserhöhungen der Notenbank und Inflationswachstum immer deutlicher abzeichnen, ziehen auch die Kapitalmarktzinsen merklich an. Die Renditen zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen sind von ihrem Tiefpunkt (Anfang Juli) bei 1,3 Prozent auf aktuell 2,35 Prozent geklettert. Auch die vergleichbaren Bundesobligationen aus der Schweiz rentieren wieder mit -0,2 Prozent, nachdem sie im Sommer noch bei -0,7 gestanden hatten.

Besonders akzentuiert haben sich die Wetten auf steigende Zinsen seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Anleger rechnen nun damit, dass die im Wahlkampf versprochenen Infrastrukturprojekte und Steuererleichterungen die Konjunktur beleben werden und Zinserhöhungen wahrscheinlicher machen.

Ziemlich genau seit dieser Trendumkehr am Bondmarkt haben sich auch die Präferenzen am Aktienmarkt verschoben: Börsianer trennen sich von defensiven Titeln und legen sich stattdessen Aktien ins Depot, die sie zu den Profiteuren steigender Zinsen zählen. Eine Tendenz, die sich laut Patrik Lang von der Privatbank Julius Bär auch im nächsten Jahr fortsetzt: "Wir erleben derzeit ein Überschiessen der Bondrenditen, erkennen aber einen langfristigen Trend hin zu höheren Zinsen."

Diese Sektorrotation könnte den Finanzinstituten in die Karten spielen. Denn nur mit sukzessive steigenden Zinsen können Banken und Versicherungen im einträglichen Zinsdifferenzgeschäft zu soliden Erträgen zurückkehren. So haben beispielsweise die Grossbanken Credit Suisse und UBS seit Anfang Juli 31 respektive 25 Prozent zugelegt, wie die folgende Tabelle zeigt.

Performance der SMI-Titel seit Anfang Juli

Top-Aktien Performance, in % Flop-Aktien Performance, in %
LafargeHolcim +36 Novartis -12
Credit Suisse +31 Roche -11
Adecco +28 Swisscom -8
Actelion +27 Nestlé -8
Swiss Life +25 Givaudan -6
UBS +25 SGS -6
Julius Bär +18 Syngenta +2
Richemont +17 Swatch +7
Swiss Re +12 ABB +9
Zurich +12 Geberit +9

Quelle: cash.ch (Stand 30.11.16)

Doch die beiden Bankaktien gehören trotzdem nicht zu den aktuellen Top-Favoriten der Börsen-Profis. Unter den Analysten, welche die Aktien von CS und UBS abdecken, dominieren jene Stimmen, die eine Seitwärtsbewegung erwarten. Aktien-Spezialist Patrik Lang bringt die Zurückhaltung gegenüber Schweizer Bankaktien mit weiteren regulatorischen Forderungen der Behörden in Verbindung.

Ausgehend von Italien, wo die Banken auf faulen Krediten im Umfang von mehr als 300 Milliarden Euro sitzen, geht immer noch die Angst um, dass Europas Bankensanierung verschleppt wurde. Und so gilt es durchaus als möglich, dass weitere Kapitalanforderungen nötig sein werden, um die Geldinstitute auf sichere Beine zu stellen. Diese Befürchtungen wirken investitionshemmend für den ganzen Sektor, die Schweiz inklusive.

Und so erstaunt es nicht, dass Aktien aus anderen Ecken der Finanzindustrie einen besseren Stand haben. Die St. Galler Kantonalbank setzt momentan etwa auf die Versicherer Baloise, Helvetia und Zurich. Oder aber auf das Privatkreditinstitut Cembra Money Bank - nach der VP Bank und der Glarner Kantonalbank die beste Bankaktie im laufenden Jahr.

Fokus auf Industrie-Aktien

Mit der Erwartung einer leicht steileren Zinskurve hat auch die Bank Raiffeisen Versicherungswerte wie Swiss Life schon länger auf der Empfehlungsliste, wie Roland Kläger, Leiter des Investment Office, auf Anfrage schreibt. Im Finanzsektor ortet er zudem weiterhin Potenzial beim auf alternative Investments spezialisierten Vermögensverwalter Partners Group.

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Kandidaten, die bei freundlicher Konjunktur und anziehenden Zinsen zu den Nutzniessern gehören. Häufig genannte Favoriten sind diesbezüglich die Industrieunternehmen Geberit, LafargeHolcim oder Schindler.

Schwergewichte Novartis und Roche vor Aufholjagd?

Die erwähnte Sektorrotation setzte in den letzten Wochen viele als defensiv bekannte Nahrungsmittel-Aktien an der Börse unter Druck (cash berichtete). Dennoch sind im defensiven Segment die Aussichten nicht ganz so schlecht. So meint etwa Raiffeisen-Ökonom Kläger, der Pharma-Riese Roche dürfte nach einem schwierigen Börsenjahr einen Boden gefunden haben. Und auch die Bank Bär erkennt bei den beiden Pharma-Titeln Novartis und Roche auf dem aktuellen Niveau Opportunitäten.

Unterschiedlich sind die Meinungen bei Nestlé, mit einem Minus von 7,7 Prozent die beste der drei schwergewichtigen Aktien seit Jahresanfang (Novartis und Roche je -18 Prozent). In der Region von 70 Franken sollte der Preisrückgang gestoppt sein, sagt Raiffeisen-Kläger (aktueller Stand 69 Franken). Auch die St. Galler Kantonalbank hält den Nahrungsmittel-Multi für attraktiv, während Julius Bär eine weitere Konsolidierung erwartet.