Im Dezember soll sie also definitiv kommen, die Zinserhöhung in den USA. Nach den überraschend guten Oktober-Daten vom amerikanischen Arbeitsmarkt vom vorletzten Freitag gibt es unter Marktbeobachtern kaum noch Zweifel, dass die Zeit des billigen Geldes kurz vor dem Ende steht. Auf rund 70 Prozent wird die Wahrscheinlichkeit einer Zinswende am 16. Dezember derzeit geschätzt.

Mit ungewöhnlich klaren Signalen hat auch die Fed-Chefin Janet Yellen die Finanzmärkte auf einen solchen Schritt eingestimmt. Eine Erhöhung im kommenden Monat sei durchaus im Bereich des Möglichen, sagte sie letzte Woche vor einem Kongressausschuss.

Seit gut sieben Jahren versucht die amerikanische Notenbank, die Wirtschaft mit einem Zinssatz nahe null Prozent zu beleben. Das ist ihr in mancher Hinsicht gelungen. In gewissen Aspekten, beispielsweise bei der Inflation, haben die Stützungsmassnahmen der Fed bislang aber noch nicht gegriffen. Folgende Charts veranschaulichen, welche Messgrössen im Fokus von Frau Yellen und ihrem Team stehen:

 

Was macht China?
 

Der Shanghai Composite Index im laufenden Jahr (Quelle: Yahoo Finance).

Als die Fed im September von der ersten Zinserhöhung seit 2006 absah, verwies Janet Yellen nicht zuletzt auf zunehmende Sorgen über die Marktturbulenzen in China. Die Verwerfungen währen der Sommermonate vernichteten in China rund fünf Milliarden Dollar an Marktwert. Doch mittlerweile haben sich die China-Märkte beruhigt, die Börse in Shanghai hat seit Ende August um 19 Prozent zugelegt.

Neben den Märkten helfen auch die Konsumenten, die Situation in China zu stabilisieren. Jüngste Daten zeigen, dass der Oktober-Umsatz im Einzelhandel so stark zugenommen hat, wie noch nie in diesem Jahr. Dieser Anstieg ist insofern wichtig, als die Regierung in Peking ihre Konjunktur wegsteuern will von Export- und Investitionsabhängigkeit hin zu mehr Binnennachfrage.

 

US-Arbeitslosigkeit halbiert

Entwicklung der US-Arbeitslosigkeit seit 2011, in Prozent (Quelle: Fed St. Louis).

Die amerikanische Notenbank hat zwei Hauptaufgaben: Eine möglichst tiefe Arbeitslosigkeit zu erreichen und die Preise stabil zu halten. Die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Monaten spürbar aufgehellt. Von 10 Prozent im November 2010 hat sich die Arbeitslosenrate mittlerweile halbiert, wie der obere Chart zeigt.

Anders sieht die Situation bei der Inflationsrate aus. Diese soll mittelfristig das Niveau von 2 Prozent erreichen, so das selbsterklärte Ziel der Fed. Doch anders als es die Wirtschafts-Lehrbücher vorhersagen, hat die sinkende Arbeitslosigkeit nicht zu steigenden Preise geführt. Im Gegenteil: Die amerikanischen Konsumentenpreise gingen im September im Monatsvergleich gar zurück, seit Jahresbeginn liegt die Inflation in der Nähe der Nullmarke. Ein wichtiger Grund dafür sind die äusserst tiefen Ölpreise.

Doch hält das die Fed von einer Zinswende ab? Yellens Stellvertreter Stanley Fisher versuchte auf jeden Fall schon einmal die Zweifel des Marktes zu zerstreuen: Die angepeilte Marke von 2 Prozent könne erreicht werden, wenn sich die Ölpreise stabilisieren und sich der Dollar nicht weiter aufwertet.

 

US-Löhne stagnieren

Entwicklung der Durchschnittsstundenlöhne in den USA seit 2007 (Quelle: Fed St. Louis).

Weniger gut sieht das Bild aus, wenn man die Lohnentwicklung betrachtet. Die Löhne wurden vom amerikanischen Wirtschaftswachstum bislang nicht erfasst, sondern stagnieren seit Anfang 2010, wie auf der Grafik ersichtlich ist. Auch das ist schlecht für das geplante Erreichen des erwähnten Inflationsziels.

Die Stundenlöhne stiegen im Oktober zwar so stark an wie seit sechs Jahren nicht mehr. Das Gefühl aber, dass die ökonomische Erholung in den Haushalten ankommt, dürfte noch auf sich warten lassen.

 

US-Dollar zeigt Muskeln

Dollar-Franken-Kurs in den letzten vier Wochen (Quelle: cash.ch).

Gegenüber den wichtigsten Währungen hat der Dollar unlängst deutlich an Wert gewonnen: 11 Prozent gegen den Euro, 13 Prozent gegen den australischen Dollar, 15 Prozent gegen den kanadischen Dollar. Auch gegenüber dem Schweizer Franken bewies der "Greenback" Stärke und sprang letzte Woche über die Parität, wie der Chart zeigt.

Der starke Dollar macht der US-Wirtschaft zu schaffen, indem die Exporte teurer werden. Gleichzeitig ist er ein Stärkezeichen der amerikanischen Wirtschaft und ein Vorbote von Währungsflüssen, wie sie nach der Zinswende erwartet werden: Investoren verschieben ihre Gelder in jenen Währungsraum, wo sie am meisten Zins erwarten.

 

Rohstoffpreise auf Talfahrt

Entwicklung Bloomberg Commodity Index in den letzten fünf Jahren (Quelle: Bloomberg).

Gegenteiliges gilt für den Goldpreis. Das einst als "sicherer Hafen" bezeichnete Edelmetall hat seinen Ruf längst eingebüsst. Seit sich die Zeichen für einen Zinsschritt im Dezember verdichten, hat Gold seine Talfahrt noch beschleunigt, im laufenden Jahr beträgt das Minus mehr als 8 Prozent.

Grund dafür sind in erster Linie zwei Faktoren: Steigende Zinsen sind schlecht für den Goldpreis, weil Gold keine Zinsen abwirft. Verstärkt wird das durch die sinkende Nachfrage aus den Schwellenländern und von langfristig orientierten Investoren. Auch andere Rohstoffe wie Kupfer oder Rohöl erleben ein derart schlechtes Jahr, dass der Bloomberg-Rohstoffindex auf den tiefsten Stand seit 16 Jahren gefallen ist.

 

Treasuries-Renditen auf dem Vormarsch

Rendite auf zehnjährige US-Staatsanleihen im letzten Monat, Quelle: cash.ch

Auch der Markt für Staatsobligationen antizipiert die Aussicht auf höhere Zinsen. Seit Mitte Oktober und dem Stand bei knapp 2 Prozent haben die Renditen auf zehnjährige US-Staatsanleihen stark angezogen und sind in nur einem Monat um 15 Prozent in die Höhe geklettert (siehe Chart). Dementsprechend haben sich also Investoren von amerikanischen "Treasuries" getrennt und ihre Kurse sinken lassen. Dies weil die bisher ausgegebenen, niedrig verzinsten Obligationen an Attraktivität verlieren.