Behalten die Experten recht, dann rutscht die Schweizer Volkswirtschaft schon im nächsten Sommer in die Rezession. Für 2015 sagt die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich KOF eine Schrumpfung von 0,5 Prozent voraus, nachdem sie im Dezember noch 1,9 Prozent Wachstum prognostiziert hatte.

Ohne Mindestkurs und mit einer faktischen Euro-Franken-Parität für mindestens zwei Jahre taumeln Export und Tourismus und bremsen so die Gesamtwirtschaft aus, wie es heisst. Verstärkt wird der Effekt laut KOF durch den tiefen Ölpreis, der den in der Schweiz angesiedelten Transithandel belastet. Für 2016 erwarten die Auguren eine Stagnation.

Entscheidend in dieser Lage ist für die Titel der Schweizer Unternehmen der Umsatzanteil, den sie in der Schweiz erwirtschaften. Die defensiven Pharma-Schwergewichte Roche und Novartis sind wenig vom Schweizer Markt abhängig. Dank ihrer weltweiten Präsenz, Produktequalität und Forschungserfolge blieben sie sichere Werte, auch wenn die Schweizer Wirtschaft schrumpfen sollte. Auch der Leistungsträger Actelion - mit einer 53-Prozent-Performance der stärkste SMI-Titel im Vorjahr - ist vom Schweizer Markt kaum abhängig.

Praktisch von einer Schweizer Rezession nicht betroffen wären aus vergleichbaren Gründen auch Nestlé, Givaudan, SGS, Swiss Re oder Syngenta. Unternehmen, deren Umsatzanteil in der Schweiz gegen Null tendiert, sind zudem Holcim, DKSH, Sika, Temenos, Basilea und OC Oerlikon.

Ausland-Rezession würde Bild ändern

Auch der Liftbauer Schindler ist mit seinem Umsatzkuchen kaum vom Heimmarkt abhängig. Anlagechef Thomas Steinemann von der Bank Bellerive merkt beim Luzerner Weltkonzern aber eine wichtige Einschränkung an: Wegen des zyklischen Charakters des Geschäfts ist Schindler nur so lange von einer Rezession unbeschadet, wenn diese sich wegen der spezifischen Franken-Probleme nur in der Schweiz zeigt. Fallen ausländische Märkte in Schwierigkeiten, dann spürt das auch Schindler. Was natürlich auch für andere Titel gilt.

Ein sehr konjunktursensitiver Titel ist überdies Adecco. Der weltgrösste Arbeitskräftevermittler erwirtschaftet in der Schweiz allerdings nur 2 Prozent des Umsatzes. Kritisch wird es aber auch für Adecco vor allem dann, wenn es Probleme im Ausland gibt: Das wirtschaftlich bedrängte Frankreich ist mit knapp einem Viertel des Umsatzes der grösste Markt, was das Unternehmen und seinen Börsenkurs belastet.

Es gäbe auch Verlierer

Schwierig wird es im Falle einer Rezession für Unternehmen, die deutlich vom Binnenmarkt abhängig sind. Ein Beispiel ist die Industriegruppe Bucher, deren Landmaschinen-Tochter Kuhn zum Teil von der Schweizer Landwirtschaft lebt. Eine Rezession würde auch Immobiliengesellschaften treffen, sowie die Modekette Charles Voegele mit zahlreichen Läden in der Schweiz.

Die Swisscom gehörte am Tag der SNB-Mindestkurs-Aufhebung wegen ihres starken Schweizer Fokus zu den wenigen Aktien, die in den Schockreaktionen auf den Währungshüter-Entscheid nicht abgestraft wurde. Im Falle einer Schweizer Rezession würde sich dieser Vorteil aber in einen Nachteil umkehren, und die Abhängigkeit vom Heimmarkt wäre dann ein Problem, auch wenn die Konsumenten bei ihren Telekom-Auslagen wohl nicht als erstes zu sparen beginnen dürften.

Das letzte Mal fiel die Schweiz im vierten Quartal 2008 in die Rezession. Das Bild, das sich damals bot, ist aber nicht vergleichbar mit heute. Damals stürzte die Weltwirtschaft nach der Pleite von Lehman Brothers in die Krise und das Weltfinanzsystem überlebte knapp den totalen Kollaps.