Schon seit Monaten entlädt sich der Renditedruck institutioneller Anleger an den europäischen Aktienmärkten in einer Jagd nach Dividendenperlen. Und auch bei den Privatanlegern stehen dividendenstarke Aktien hoch im Kurs.

Anders als seine Berufskollegen zeigt der Leiter der quantitativen Strategieabteilung der japanischen Bank Nomura kein Interesse an Aktien mit einer hohen Dividendenrendite. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und empfiehlt, dividendenstarke Aktien in Europa leer zu verkaufen.

Mit dieser Einschätzung steht Nomura allerdings ziemlich alleine da, raten viele andere Bankinstitute doch zu Dividendenstrategien.

«Dividendenperlen so unattraktiv wie seit 2007 nicht mehr»

In einem Kommentar zu diesem Thema nennt der Stratege denn auch gleich die Gründe für seine unmissverständliche Haltung. Ein Blick in die Vergangenheit zeige, dass die Rendite dividendenstarker Aktien im Vergleich zu den übrigen Aktien auf den tiefsten Stand seit Frühjahr 2007 gefallen sei. Die Differenz sei von über 10 Prozent nach Ausbruch der Finanzkrise auf mittlerweile 4 Prozent geschmolzen.

Die Jagd nach Dividenden mache sich zudem in einer höheren Bewertung bemerkbar. Sowohl beim Kurs-Gewinn-Verhältnis als auch am Buchwert gemessen befinde sich die Bewertung mittlerweile auf dem höchsten Stand seit gut 25 Jahren. Dadurch werde das weitere Aufwärtspotenzial dividendenstarker Aktien begrenzt.

Negative Haltung vor allem der eigenen Branchenpräferenzen wegen

Gleichzeitig werfe die zuletzt wieder rückläufige Free-Cash-Flow-Rendite Fragen in Bezug auf die Nachhaltigkeit der Ausschüttungspolitik vieler Unternehmen auf, so der Stratege. Umso wichtiger sei, dass zwischen Unternehmen mit einer hohen Dividende und solchen mit einer auf Jahre hinaus sicheren Dividende oder sogar Raum für Dividendenerhöhungen unterschieden werde.

Aktien von Unternehmen mit hohen Dividenden seien vor allem im Versicherungssektor sowie bei den Versorgern zu finden. Den Versicherungssektor habe man bei Nomura erst kürzlich zurückgestuft. Und bei den Versorgern gebe es Vorbehalte in Bezug auf die zukünftige Preisgestaltungsmacht. Ausserdem sei unklar, ob die grosszügigen Dividenden gehalten werden können. Der Stratege rät deshalb ganz von Versorgeraktien ab.

Dass Nomura kein Interesse an Aktien mit einer hohen Dividendenrendite zeigt und sogar Leerverkäufe empfiehlt, hängt in erster Linie mit den bankeigenen Branchenpräferenzen zusammen und wird möglicherweise deshalb von kaum einem anderen Bankinstitut geteilt.