Die Unternehmensberichterstattung an der Schweizer Börse SIX ist weit fortgeschritten. Bei den meisten im Swiss Performance Index (SPI) enthaltenen Publikumsgesellschaften liegen die Zahlenkränze für das erste Quartal mittlerweile vor.

Einmal mehr fällt die Bilanz ziemlich ernüchternd aus: Wie Erhebungen der UBS Investmentbank zeigen, wurden die Umsatzerwartungen so deutlich verfehlt wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Und auch die Gewinne fielen nur deshalb besser als erwartet aus, weil viele Analysten ihre Annahmen gegen Ende des ersten Quartals kurzerhand nach unten korrigiert hatten.

Das Zahlenwunder aus der Innerschweiz

Allerdings gab es in den letzten Wochen hierzulande durchaus den einen oder anderen Lichtblick. Auffällig dabei: So richtig zu überzeugen wussten fast ausschliesslich Unternehmen aus der zweiten Reihe.

Nicht zum ersten Mal läutete Sika die Quartalsberichterstattung ein. Mit einem Rekordumsatz von 1,27 Milliarden Franken verwies der Baustoffhersteller aus der Innerschweiz, schon seit Jahren ein Garant für solide Resultate, die Skeptiker einmal mehr in ihre Schranken. Dank einem starken Nordamerikageschäft wurden die bei 1,25 Milliarden Franken liegenden Markterwartungen mühelos übertroffen.

Noch am selben Tag kam es anlässlich der ordentlichen Generalversammlung zu einem weiteren Schlagabtausch zwischen dem Verwaltungsrat einerseits und den Vertretern der Schenker-Winkler-Holding (SWH) andererseits. Stein des Anstosses ist der der geplante Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an den französischen Grosskonzern Saint-Gobain.

Ehemaliges Sorgenkind ist auf einem guten Weg

In den darauffolgenden Tagen von Gewinnmitnahmen gebeutelt, konnte sich die Sika-Aktie allerdings rasch wieder fangen und zu einer Rekordjagd ansetzen. Seither hat sie rund 10 Prozent gewonnen, seit Anfang Jahr sogar mehr als 17 Prozent, die nach der Generalversammlung ausbezahlte Dividende von 78 Franken je Titel miteinberechnet.

Zu den Überfliegern an der Schweizer Börse gehört auch die Aktie des Dentalimplantateherstellers Straumann. Und das nicht ohne Grund, wie die Anfang Mai der Öffentlichkeit präsentierten Umsatzzahlen eindrucksvoll belegen. Mit einem Quartalsumsatz von 223 Millionen Franken wurde das einstige Sorgenkind den hohen Erwartungen der Analysten einmal mehr gerecht.

Gefeiert wurde Straumann aber vor allem für die Erhöhung der firmeneigenen Jahresprognosen. Dank dem starken ersten Quartal geht man am Hauptsitz in Basel neuerdings von einem hohen einstelligen Umsatzwachstum aus.

Turnaround wird (noch) nicht gewürdigt

Obschon die Aktie schon zuvor mit kursseitigen Vorschusslorbeeren bedacht wurde, kletterte sie am Tag der Ergebnisveröffentlichung um weitere 4 Prozent nach oben. Die letzten Jahre zeigen: Unter Konzernchef Marco Gadola hat das Unternehmen zur alten Kraft zurückgefunden. Das erklärt auch, weshalb der Börsenwert von Straumann seit Anfang Mai um 12 Prozent gestiegen ist. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 auf den diesjährigen Analystenschätzungen ist die Aktie aus Anlegersicht mittlerweile kein Schnäppchen mehr.

Anders als Straumann konnte Logitech noch nicht wieder zur alten Höchstform auflaufen. Zwar sucht der unter Bracken Darrell erzielte Turnaround hierzulande seinesgleichen. Allerdings will die Börse die im Tagesgeschäft erzielten Fortschritte noch immer nicht so richtig würdigen.

Ende April legte der Peripheriegerätehersteller aus Lausanne einmal mehr einen sehr ansprechenden Zahlenkranz vor. Während sich der Quartalsumsatz mit 431 Millionen Dollar im Rahmen der Markterwartungen bewegte, fiel der Reingewinn mit 28,7 Millionen Dollar mehr als doppelt so hoch wie von Analysten prognostiziert aus.

Im frühen Handel zog die Logitech-Aktie an diesem Tag denn auch um 1,6 Prozent an. Doch die Freude hielt nicht lange. Im Laufe des Nachmittags bescherte ihr eine Verkaufswelle aus dem Ausland hohe Verluste. Der Grund: Bei den aussichtsreichsten Produkten hatte das Unternehmen mit einer Nachfrageflaute zu kämpfen.

Ein Chemiekonzern trotzt allen Widrigkeiten

Nur aufgrund dieses "Haar in der Suppe" ist der Börsenwert von Logitech seit Ende April um gut 6 Prozent geschmolzen. Seit nunmehr zwei Jahren kommt die Aktie unter dem Strich nicht vom Fleck, was für die Firmenvertreter in Anbetracht der Fortschritte im Tagesgeschäft ziemlich deprimierend sein dürfte.

Mit einem Kursfeuerwerk wurde an der Börse hingegen das Resultat von Clariant gefeiert. Allen Unkenrufen zum Trotz sorgte dieses in Analystenkreisen nicht für Enttäuschung, sondern für eine positive Überraschung. Obwohl der Spezialitätenchemiehersteller aus Basel neben dem Quartalsumsatz von 1,48 Milliarden Franken nur den operativen Gewinn (EBITDA) von 229 Millionen Franken auswies, war ihm das Lob der Experten sicher. Das nicht zuletzt auch deshalb, weil der operative Gewinn die bei 208 Millionen Franken liegenden Markterwartungen klar übertraf.

Schon im vorbörslichen Handel zog die Aktie an diesem Tag im April um 2,6 Prozent an und notierte im weiteren Verlauf um bis zu 9,5 Prozent höher. Seither bröckelt der Kurs etwas vor sich hin, weshalb seit Ende April nur noch ein Plus von 6,4 Prozent resultiert.

Die Nummer zwei nach Swisscom schreibt endlich schwarze Zahlen

Nicht verstummt sind die Marktspekulationen, wonach der finanzkräftige deutsche Chemiekonzern an Teilbereichen von Clariant interessiert sein könnte.

Ziemlich genau eine Woche ist es her, dass Sunrise Communications den Ergebnisausweis für das erste Quartal vorgelegt hat. Mit einem Umsatz von 446 Millionen Franken verfehlte dieser die Analystenerwartungen zwar leicht. Dank einem bereinigten operativen Gewinn von 140 Millionen Franken schrieb der erst seit gut einem Jahr an der Börse gehandelte Telekommunikationskonzern endlich wieder schwarze Zahlen. Dabei übertraf der Gewinn mit 7 Millionen Franken die Prognosen klar.

In der Folge wurde auch die Sunrise-Aktie mit einem Tagesgewinn von 5,4 Prozent belohnt, spricht der Zahlenkranz doch für eine zukünftig grosszügigere Dividendenpolitik. Trotz einer anschliessenden Heraufstufung von "Verkaufen" auf "Neutral" bei einem Kursziel von neu 72 (68,50) Franken durch Goldman Sachs setzten seither allerdings wieder Gewinnmitnahmen ein.

Rückblickend lässt sich über die gesamte Unternehmensberichterstattung hinweg eine Beobachtung machen: Gute Neuigkeiten, beispielsweise eben gerade in Form von besser als erwartet ausgefallenen Quartalszahlen, werden an der Schweizer Börse auch dementsprechend gewürdigt und mit Kursgewinnen belohnt. Das ist gleichermassen ermutigend wie gesund, was den breiten Aktienmarkt anbetrifft.