Kaum ein anderer Sektor hat in den letzten Monaten an der Schweizer Börse derart geboomt wie die Finanzbranche – allen voran die Grossbanken. In den vergangenen drei Monaten gehörte die UBS-Aktie mit einem Plus von 34 Prozent zu den besten zehn Titeln, die an der SIX gehandelt werden. Aber auch die Papiere der Credit Suisse performten überdurchschnittlich. 

Noch deutlicher wird die Überperformance aber, wenn man das vergangene Halbjahr betrachtet. Zwischen Juli 2012 und Januar 2013 platzierten sich die Titel der UBS und der Credit Suisse mit einem Plus von knapp über 50 Prozent auf den Plätzen acht und neun im gesamten Universum des breit gefassten Swiss Performance Index. Aber auch andere Bankentitel haussierten gewaltig: EFG International +120 Prozent, Vontobel +51 Prozent und Swissquote +27 Prozent.
 
Kantonalbank-Aktien im Abseits
 
Nur die Aktien der elf kotierten Kantonalbank-Aktien haben an dieser Aufwärtsbewegung kaum partizipiert. Einzige Ausnahme ist die Aktie der St. Galler Kantonalbank, die seit Juli 2012 17 Prozent an Wert zugelegt hat. Allerdings notierte der Titel zuvor auf einem Mehrjahrestief, bevor er zu einer kleineren Erholungsbewegung ansetzte. 
 
Die übrigen zehn Kantonalbanken weisen eine deutlich schlechtere Sechs-Monate-Bilanz auf. Am besten stehen die Aktien der Genfer und Luzerner Kantonalbank mit einem Kursgewinn von 4 Prozent da, am schlechtesten die Kantonalbanken von Basel-Stadt und Basel-Landschaft mit einem Minus von 9 Prozent. 
 
"Wenn die Börse läuft, dann reagieren die Aktien von Gross- und Privatbanken in der Regel schneller und stärker", sagt Bankenanalyst Andreas Venditti von der ZKB. Die Titel von Kantonalbanken verhalten sich in dieser Phase hingegen träge, weil ihr Geschäftsmodell defensiver ausgerichtet ist. Kantonalbanken leben vor allem vom Zinsgeschäft, das im derzeitigen Tiefzinsumfeld kaum Sprünge erlaubt, vom Kommissionsgeschäft und vom Handelserfolg.
 
Vor zwei Jahren der Renner
 
Dabei hatten sich die Kantonalbank-Aktien vor zwei Jahren noch auf der Überholspur befunden. Zwischen Sommer 2010 und Sommer 2011 legten gleich mehrere Kantonalbanken im zweistelligen Bereich zu, allen voran die Zuger und die Walliser Kantonalbank. Seither stagnieren deren Kurse – oder sind sogar rückläufig. 
 
Für risikobewusste Anleger könnte es sich deshalb lohnen, diese Titel, die derzeit niemand will, selektiv zu kaufen. Aktien wie jene der  Banque Cantonale Vaudoise (BCV), der St. Galler oder Zuger Kantonalbank sind Dividendenperlen mit Renditen zwischen 4 und 6,5 Prozent, bei der BCV erhofft sich der Markt für 2013 sogar eine zusätzliche steuerbefreite Sonderdividende. 
 
Langer Atem als Voraussetzung
 
Voraussetzung ist allerdings, dass Anleger einen genug grossen Atem mitbringen. "Diese Aktien sind nicht als Kurzfristanlagen anzusehen. Über einen längeren Zeitraum hinweg weisen sie durchaus eine solide Kursentwicklung auf", sagt Bankenexperte Rainer Skierka von der Bank Sarasin. Ein Kauf sei vor allem dann sinvoll, wenn der Anleger davon ausgehe, dass dem Markt nach oben allmählich die Luft ausgehe, sagt Venditti. 
 
Dennoch bleiben im derzeitigen Umfeld die Risiken für Kantonalbanken-Titel erheblich. Nebst dem Umfeld, das Banken mit einem dynamischeren Geschäftsmodell bevorzugt, droht die Schweizerische Nationalbank mit der Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers, der einzelne Kantonalbanken spürbar treffen würde. Die Aktivierung dieses Puffers hätte zur Folge, dass Banken die Kreditvergabe an Immobilienbesitzer mit mehr Eigenkapital unterlegen müssten. Und die Kantonalbank-Aktien sind derzeit durchs Band weg relativ hoch bewertet – sowohl beim Kurs-Buch-Verhältnis als auch beim Kurs-Gewinn-Verhältnis.