Der Schweizer Aktienmarkt hat in den letzten sechs Monaten 14 Prozent zugelegt und das Potenzial für weitere Kursgewinne ist nach wie vor da. Denn in den Depots der Anleger steckt noch viel Liquidität, die mangels Rendite-Alternativen in die Aktienmärkte drückt.  

Die Charts einiger Titel wie beispielsweise ABB, Clariant oder seit Freitag auch Novartis zeigen eine deutlich überkaufte Situation. Und die bevorstehende Dividendensaison facht den Trend zusätzlich an. Andere Papiere hingegen sind noch nicht richtig warmgelaufen, dürften aber bald auf Touren kommen.

Ein Quintett mit unterschiedlichen Kurschancen

Die Titel des einstigen Börsenlieblings Barry Callebaut haben im letzten halben Jahr bloss drei Prozent zulegen können. Stark gelitten hat der Kurs nach der Ankündigung im Dezember des letzten Jahres, den Singapurer Konkurrenten Petra Foods für 950 Millionen Dollar zu übernehmen. Barry Callebaut plant, die Akquisition noch in diesem Jahr mittels einer Aktienkapitalerhöhung über 350 Millionen Dollar und durch die Aufnahme von Fremdkapital über 600 Millionen Dollar zu finanzieren.

Danach stehen die Chancen gut, dass die Anleger Barry Callebaut wiederentdecken. Denn der weltweit grösste Schokoladenproduzent ist der einzige vollständig vertikal integrierte Schokoladenhersteller mit globaler Präsenz und hält die Kostenführerschaft. Zudem ist er in den aufstrebenden Märkten gut positioniert. Ein Einstieg auf dem aktuellen Kursniveau ist somit eine Überlegung wert. Aktuell notieren die Titel bei knapp 900 Franken. Nächster Kursimpuls ist die Bekanntgabe der Halbjahreszahlen am 8. April.

Kuoni liegt mit einer Performance von 7 Prozent hinter dem Gesamtmarkt zurück. Der Reisekonzern hat mit der Übernahme des Online-Reise-Spezialisten Gullivers Travel Associates die Abhängigkeit vom europäischen Reiseveranstaltungsgeschäft reduziert und bereinigt sein Portfolio von Verlust bringenden Veranstaltern.

Die Fokussierung aufs Online-Geschäft zeigt erste Erfolge: So sind laut Kuoni die Buchungen im 2012 um insgesamt 29 Prozent und die Nettoerlöse um 25 Prozent gestiegen. Zudem ist die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 moderat bewertet. Das Gros der Analysten ist positiv gestimmt und veranschlagt Kursziele zwischen 300 und 350 Franken für die kommenden Monate. Aktuell notieren die Titel bei 282 Franken.

Kaba, der Schliesstechnikkonzern aus dem Zürcher Oberland, will durch die Umsetzung seiner Strategie weiter profitabel wachsen und strebt dabei auch passende Akquisitionen an. Kürzlich kaufte Kaba in Kolumbien zu. Die Übernahme ist ein weiterer Schritt hin zur Stärkung der Position in den vielversprechenden Wachstumsmärkten Südamerikas.

Die anziehende Bautätigkeit in den USA und Fernost sind gute Indikatoren für Kaba. Der Schlüssel zum Erfolg liegt aber in Europa. Ein Grossteil des Umsatzes erwirtschaftet Kaba auf dem alten Kontinent. Fängt sich die Konjunktur in Europa wieder, wird dies auf die Aktien deutlicher durchschlagen als bei anderen Titeln. Die Kaba-Aktie performte seit August 2012 gut 6 Prozent und notiert bei 390 Franken. In den kommenden Monaten liegen laut dem Brokerhaus Helvea weitere 8 Prozent drin.  

Neues Management als Kurstreiber

Publigroupe: Obwohl die Papiere der Werbevermarkterin seit letztem Dezember rund 25 Prozent in die Höhe kletterten, ist die Halbjahresperformance im Vergleich zum SPI immer noch leicht negativ. Das Publigroupe-Management hat in den letzten zehn Jahren praktisch nur Wert vernichtet, entsprechend verunsichert und enttäuscht sind die Anleger. Die Folgen: Der Abschlag gegenüber dem Fair Value ist markant. Laut Analysten läge die faire Bewertung bei etwa 230 Franken. Derzeit notiert die Aktie rund 85 Franken oder 60 Prozent tiefer.

Der hohe Misstrauensabschlag könnte aber bald hinfällig werden und dem Titel neuen Schub verleihen. Denn mit CEO Arndt Groth und dem kürzlich gewählten Media-Sales-Chef Alain Bandle sind neue Kräfte am Ruder, die die schlingernde Media-Sales-Sparte (Printgeschäft) zurück in die schwarzen Zahlen führen wollen. Erste Erfolge sind bereits zu verzeichnen. Der operative Verlust sei tiefer als bislang angenommen, teilte das Unternehmen kürzlich mit. Mehr kursrelevante Informationen gibt’s an der Präsentation des Jahresergebnisses am 8. März.

Die Titel der Generika- und Pharmaspezialistin Acino notieren derzeit mit 92 Franken rund 16 Prozent tiefer als noch vor sechs Monaten. Ein heftiger Kurseinbruch um 15 Prozent erfolgte Ende Januar, als das Unternehmen überraschend die Ebitda-Prognose nach unten korrigierte. Neu wird mit einer Marge im "mittleren Zehnprozentbereich" gerechnet (zuvor 17 bis 18 Prozent). Anleger hat diese Ankündigung auf dem falschen Fuss erwischt.  

In Anbetracht, dass die Analysten ihre Prognosen nur leicht nach unten korrigiert hatten, ist der Kurssturz übertrieben. Die faire Bewertung des Titels läge 22 Prozent höher bei 118 Franken, schreibt die Bank Vontobel in einem Marktbericht. Acino ist gut aufgestellt und hat sich durch die Übernahme von Teilen der Mepha den Zugang zu interessanten Märkten gesichert. Anleger sollten ausgeprägte Kursschwächen zum Einstieg nutzen.

Etwas für Zocker

Mit einer Minusperformance von 34 Prozent gehört der Partizipationsschein von Repower zu den Kelleraktien im SPI. Das Papier notiert mit 140 Franken so tief wie seit Oktober 2003 nicht mehr. Die bündnerische Repower treibt in der Schweiz und im Ausland mehrere Kraftwerkprojekte voran. Dabei läuft aber nicht alles rund: In Deutschland musste das Vorhaben eines Kohlekraftwerks in Brunsbüttel abgeschrieben werden. Und in Italien regt sich Widerstand gegen das Kohlekraftwerk in Saline Joniche. Hinzu kommen Vorwürfe über Absprachen mit der Mafia in Kalabrien, die Repower aber dementiert.

Die Probleme drückten das Kurs-Buch-Verhältnis auf tiefe 0,6. Laut Marktkennern sei dies aber zu tief. Sobald sich eine Lösung in der einen oder anderen Sache abzeichne, dürfte sich der Kurs deutlich erholen. Der faire Wert der Aktie läge bei 233 Franken. Mehr Geld in die Kassen wird spült die Anhebung des durchschnittlichen Zinses für das Stromnetz um rund 0,6 auf 2,5 Prozent spülen, die Ende Januar 2013 beschlossen wurde. Davon profitieren auch andere Versorger wie BKW oder Alpiq. Die Titel – insbesondere jene von Repower - gelten aber als wenig liquide. Insofern eignet sich ein Engagement nur für sehr risikotolerante Anleger mit Zockergelüsten.