Über Jahre stand Dieter Weisskopf als Finanzchef von Lindt & Sprüngli quasi im Schatten von Firmenaushängeschild Ernst Tanner. Man hatte auch nie das Gefühl, dass sich Weisskopf zu stark ins Rampenmlicht drängen wolle. Als Tanner sich im Juni 2016 entschied, sich auf das Verwaltungsratspräsidium zurückzuziehen, war man gespannt, wie sich Weisskopf als CEO "meistern" würde. Umso mehr, weil Tanner mehrmals betont hatte, er werde ein aktiver VR-Präsident sein - was wiederum Spekulationen nährte, Tanner werde Weisskopf im Tagesgeschäft zu stark dreinreden. 

"Sie haben es heute morgen gesehen: Er (Tanner) war nicht da", sagt Weisskopf im cash-Video-Interview und tritt damit den erwähnten Spekulationen entgegen. Tanners Abwesenheit zeige, dass dieser den Posten abgegeben habe, "an mich und das Team", sagt Weisskopf. Er beschreibt die Funktionsweise des Duos Tanner-Weisskopf so: "Wir kennen uns seit über 20 Jahren, das heisst auch: Wir kennen unsere Stärken und Schwächen. Wir wissen auch ganz genau, wann etwas wichtig ist und wir aufeinander zugehen müssen"

Weisskopf, der ursprünglich aus dem basellandschaftlichen Pratteln stammt, kennt als langjähriger Finanzchef und Verantwortlicher Produktion Lindt & Sprüngli aus dem Effeff. Vor 22 Jahren trat der ehemalige Angestellte des Schweizerischen Bankvereins als Finanzchef in das Top-Management von Lindt & Sprüngli ein, letzten Oktober nun folgte mit 62 Jahren der Sprung an die Firmenspitze.

Die Geschäfte des Konzerns, der in den letzten 20 Jahren den Umsatz vervierfacht hat, liefen im vergangenen Jahr trotz einigem Gegenwind nach wie vor gut. Der Betriebsgewinn stieg um 8 Prozent auf 563 Millionen Franken, der Reingewinn kletterte um 10 Prozent auf 420 Millionen Franken. Die Inhaber von Namenaktie oder Partizipationsschein, deren Wert seit 1995 etwa um den Faktor 25 stieg, erhalten eine zehn Prozent höhere Dividende.

Im laufenden Jahr solle der Umsatz in ähnlichem Tempo zulegen wie 2016. Zudem erwartet der Konzern mehr Betriebsgewinn. Mittel- bis langfristig strebt Lindt & Sprüngli weiterhin ein organisches Wachstum zwischen 6 und 8 Prozent an. Das beruhigt die Anleger.

USA-Markt bleibt schwierig

Der US-Markt bleibt für Lindt indes die grösste Herausforderung. Dort ist der Konzern seit der Grossübernahme des Pralinenspezialisten Russell Stover im Jahr 2014 mit einem Marktanteil von gegen 10 Prozent die Nummer drei auf dem Schoko-Markt, bei den Premiumschokoladen ist Lindt die Nummer Eins. Das nordamerikanische Geschäft hat knapp 43 Prozent Umsatzanteil bei Lindt, die Profitabilität des US-Marktes liegt bei Lindt aber hinter derjenigen von Europa. 

Wie sich das Umfeld in den USA entwickelt, ist für Weisskopf so etwas wie eine "Blackbox". "Wir haben einen Wechsel auf politischer Ebene, und wir haben eine Situation mit anziehenden Zinsen." Weisskopf stellt sich im cash-Video-Interview die Frage, die er selber nicht beantworten kann: "Wie reagiert der Konsument auf die bevorstehenden Änderungen?"

Nicht betreffen wird Lindt & Sprüngli die "America First"-Devise von Präsident Donald Trump, sollte sie durchgesetzt werden. Lindt hat sechs Produktionsstätten in den USA, vier davon sind von Russell Stover, eine von Lindt selber und eine der 1998 übernommen Ghirardelli. "Selbst wenn es zu Massnahmen käme wie Importbesteuerung, wären wir gut aufgestellt", sagt Weisskopf. Aus Europa exportiert Lindt laut Weisskopf ein paar wenige saisonale Produkte, "aber das fällt nicht ins Gewicht."

Eine deutliche Durchsage gibt Weisskopf zum Schluss auf die Frage, ob die Bezeichnung des "Low-Profile-Weisskopf," die cash.ch dem Lindt-CEO in einem Porträt anhängte, stimmt:  "Das ist grundsätzlich richtig, und das wird auch so bleiben. Das Team steht an erster Stelle, nicht einzelne Personen."

Schauen Sie auch das cash-Video-Interview mit Dieter Weisskopf.