"Jeder wird schauen, was mit Spotify passiert", sagt Professor John Coffee von der Columbia Law School. Spotify wurde mittels einer Direktplatzierung zum börsennotierten Unternehmen, bei der der übliche, von Banken organisierte Preisbildungsprozess im Vorfeld wegfällt. Es gab weder eine Werbetour bei Investoren, um die Aktien anzupreisen, noch eine Zeichnungsfrist oder einen Ausgabepreis, der ermittelt wurde. Dieser Weg ist preiswert und spart Zeit, ist aber auch mit Risiken verbunden.

Es ist das erste Mal, dass dies an der New York Stock Exchange (Nyse) überhaupt passiert. Beobachter gehen davon aus, dass andere Unternehmen auch auf den Geschmack kommen könnten, per Direktplatzierung an die Börse zu gehen. Interessant könnte der Weg vor allem für Unternehmen sein, die über eine bekannte Marke verfügen, und auch deswegen auf eine Roadshow im Vorfeld eines Finanzmarktdebüts verzichten können. Zu möglichen Anwärtern zählen die am Privatmarkt bereits teuer gehandelten Mitfahrdienste Uber und Lyft. "Das ist ein grosser Moment für die Wagniskapitalindustrie", sagte der Partner des Finanzinvestors Felix Capital, Frederic Court. Die Direktplatzierung werde Milliarden freisetzen, die an die Investoren zurückgingen und damit letztlich auch mehr Kapital nach Europa brächten.

Achterbahnfahrt an der Börse?

Da Spotify auf einen klassischen Börsengang verzichtet, muss das Unternehmen auch ohne die normalerweise gängigen Schutzmechanismen von Konsortialbanken auskommen, die einen Absturz der Aktien verhindern. Beobachter rechnen deswegen damit, dass sich die Notierung zu einer Achterbahnfahrt auswachsen dürfte, bis sich der Aktienpreis einmal einpendelt. Einen Ausgabepreis vorab - wie sonst üblich - für das mit rund 20 Milliarden Dollar bewertete Unternehmen gab es nicht. "Die Direktplatzierung wird dem Unternehmen Geld sparen, aber es wird wahrscheinlich zu Volatilität führen, wenn der Handel startet, weil der Markt erst noch einen verträglichen Preis finden muss", schrieb Analyst Laith Khalaf vom Finanzberater Hargreaves Lansdown.

In jüngster Zeit sind mit dem Facebook-Konkurrenten Snap, HelloFresh-Wettbewerber Blue Apron und dem Cloudanbieter Dropbox einige bekannte Startups in den USA den traditionellen Weg an die Börse gegangen - mit ganz unterschiedlichem Erfolg. Während die Dropbox-Aktie am ersten Handelstag um mehr als 35 Prozent kletterte, sieht es für den Kochbox-Anbieter Blue Apron gar nicht gut aus. Der Börsenwert ist von einstmals 2,5 Milliarden Dollar auf weniger als 400 Millionen Dollar geschrumpft. Ähnlich wie die Snapchat-Mutter Snap konnte Blue Apron die hochgesteckten Erwartungen der Anleger nicht erfüllen. Ob sich künftig mehr Unternehmen für eine Direktplatzierung statt für einen Börsengang entscheiden, hängt wohl einzig und allein von Spotify ab.

(Reuters)