Totgesagte leben länger - das gilt in diesen Tagen insbesondere für den Dollar. Denn nachdem die amerikanische Notenbank die erste Leitzinserhöhung seit der Finanzkrise der Jahre 2007/08 abermals auf die lange Bank geschoben hatte, glaubte kaum mehr jemand an einen stärkeren Greenback.

Im Zuge des deutlich besser als erwarteten Arbeitsmarktberichts vom vergangenen Freitag liess der Dollar seine Muskeln spielen. Gegenüber dem Franken sprang er sogar zurück über die Parität, sprich über das Verhältnis von Eins-zu-Eins. Das bisherige Jahreshöchst von 1,0240 Franken rückt damit in unmittelbare Griffnähe.

Fragt man bei hiesigen Banken nach, scheint der Fall klar: Die meisten Währungsstrategen rechnen mit einer Fortsetzung der Aufwärtsbewegung, sowohl gegenüber dem Franken als auch gegenüber dem Euro.

Zinsdifferenz spricht für den Dollar

Das hängt mit folgendem Hintergrund zusammen: Nach dem starken Arbeitsmarktbericht für Oktober hat die Wahrscheinlichkeit einer Leitzinserhöhung in den USA im nächsten Monat deutlich zugenommen. Vom jüngsten Renditeanstieg bei amerikanischen Anleihen lässt sich eine Wahrscheinlichkeit von knapp 70 Prozent ableiten, dass der Offenmarktausschuss die Zinsen im Dezember anheben wird. Noch vor Wochenfrist lag diese Wahrscheinlichkeit bei weniger als 50 Prozent.

Anders die Europäische Zentralbank (EZB), welche ihre Geldpolitik kommenden Monat vermutlich abermals lockern wird. Ökonomen halten sowohl eine Senkung der schon heute negativen Einlagezinsen als auch einen Ausbau der milliardenschweren Wertpapierkäufe, wenn nicht sogar eine Ausdehnung auf europäische Aktien, für möglich.

Die immer grösser werdende Kluft zwischen der europäischen und amerikanischen Geldpolitik spricht für eine steigende Zinsdifferenz zwischen den beiden Kontinenten. Sprich: Mit Dollar-Anleihen lässt sich aus Anlegersicht deutlich mehr Rendite erzielen als mit Euro-Anleihen. Bei Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren beträgt die Zinsdifferenz mittlerweile gut 2 Prozentpunkte. Sollte die US-Notenbank ihre Leitzinsen erhöhen, könnte diese Differenz sogar noch attraktiver werden.

Hoffen auf Interventionen der SNB

Für die Währungsstrategen von Goldman Sachs steht deshalb fest, dass der Euro innerhalb der nächsten Monate auf einen Dollar fallen wird. Diese Meinung teilen auch die Berufskollegen von der Credit Suisse, wenn auch erst auf einen Horizont von einem Jahr. Bis in drei Monaten sehen sie die europäische Einheitswährung aber zumindest bis auf 1,04 Dollar fallen. Ähnlich tönt es bei den Experten von Julius Bär.

Sollte der Euro zum Dollar auf die Parität von Eins-zu-Eins fallen, sich gegenüber dem Franken jedoch stabil halten können, müsste der Greenback rein rechnerisch auf 1,08 Franken klettern. Die alles entscheidende Frage ist, ob sich die europäische Einheitswährung im Zuge der von der EZB zu erwartenden Interventionen gegenüber dem Franken behaupten kann. Und hier kommt die Schweizerische Nationalbank ins Spiel: Denn nur wenn auch diese wieder kräftig interveniert, entlädt sich die Euro-Schwäche aus Sicht eines in Franken rechnenden Anlegers in einem festeren Dollar.

Fakt ist jedenfalls: Bis Ende Jahr wird es an den Devisenmärkten noch einmal zu grösseren Kursverschiebungen kommen. Dafür sprechen alleine schon die zu erwartenden Zentralbankinterventionen. Aus heutiger Sicht dürfte der Dollar als Gewinner dieser Verschiebungen im Währungsgefüge hervorgehen. Auch gegenüber dem Franken ist ein weiterer Anstieg wahrscheinlich, sobald sich der Greenback erst einmal erfolgreich über der Parität etabliert hat.