Anleger weltweit sind seit Monaten verunsichert. Die weitere Entwicklung in China ist unklar, Rohstoffe sind zwar sehr günstig, kurbeln die Weltwirtschaft aber nicht an, Notenbanken kämpfen mit unkonventionellen Massnahmen gegen eine zu tiefe Inflation, politische Risiken gibt es "en masse". Gleichzeitig sind viele Aktien immer noch hoch - oder gar zu hoch - bewertet.

Die vielen Unsicherheitsfaktoren vernebeln die Sicht auf langfristige Trends der globalen Märkte, aus denen Anleger ihre Investitionsstrategie ableiten. Experten des kanadischen Investmentmanagers BMO Global Asset Management, eine Tochtergesellschaft der BMO Financial Group, versuchen nun etwas Licht in das Dickicht zu bringen und präsentieren drei mögliche Szenarien für die Fünf-Jahres-Entwicklung der Weltwirtschaft mit jeweiligen Anlageempfehlungen (zum Ausblick hier):

Szenario 1: Der Aufschwung kommt (Wahrscheinlichkeit 60 Prozent)

Das Wirtschaftswachstum zieht nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und Japan an. Die Energiepreise bleiben aber tief, so auch die Inflationsraten und Zinsen. Die Gewinnaussichten der meisten Assetklassen bleiben gedämpft. China wird auf dem Pfad zur konsumgetriebenen Volkswirtschaft zwar im Wachstum etwas gebremst, zeigt sich aber genügend flexibel, um eine mögliche Krise abzuwenden. Gleichzeitig entwickelt sich Indien zum "China 2.0". Dort können Infrastruktur und Industrie stark zulegen, dank den weiterhin tiefen Ölpreisen.

Anlagetipp: Aktien übergewichten gegenüber festverzinslichen Wertpapieren. Investments in Emerging Markets, allen voran in Indien und in rohstoffimportierende Länder, sind spannend. US-Aktien sind teilweise sehr hoch bewertet, deshalb sollten Anleger hier sehr selektiv vorgehen. Es bieten sich US-Aktien im Bereich IT, Finanzen, Konsumgüter und Industrie an. Auch Japan- und Europa-Aktien bieten sich an.

Szenario 2: Entscheidungsträger handeln richtig (Wahrscheinlichkeit 20 Prozent)

In einem alternativen Positivszenario geht BMO Global Asset Management davon aus, dass die Politik weltweit sowohl kurz- als auch mittelfristig praktisch überall die richtigen Weichen stellt. Dank des billigen Euro und der tiefen Energiepreise kann Europa die Arbeitslosigkeit in der Peripherie minimieren. EU-Länder unternehmen die richtigen Schritte, um ihre Schulden zu tilgen und halten sich an ein nachhaltigeres Staatsbudget. Gleichzeitig zieht die USA die Zinsschraube in angemessenem Tempo an, was im Markt als positives Signal gewertet wird. China hat zwar ein geringeres Wachstum als bisher, bleibt aber der weltweite Wachstumsmotor. Auch Indien überzeugt und zieht viel ausländisches Kapital ins Land. Und Japans "Abenomics" zeigt ihre Wirkung und führt zur lange erhofften Inflation von zwei Prozent.

Anlagetipp: Es bietet sich eine risikoorientierte Anlagestrategie mit einem hohen Aktien-Exposure an. Im Mittelpunkt stehen hierbei zyklische Aktien in Europa, Japan und den USA aus den Bereichen Energie, Rohmaterialien, IT, Konsumgüter, Industrie und Finanzen. Small Caps sind interessanter als grosse Titel. Auch Rohstoffe als alternative Anlage sind eine Option.

Szenario 3: Schlüsselentscheide sind falsch (Wahrscheinlichkeit 20 Prozent)

Die Vielzahl der Eingriffe durch Politik und Notenbanken bieten auch Raum für viele Fehlentscheidungen. Das dritte Szenario der BMO Global Asset Management beschreibt deshalb die Möglichkeit, dass ein oder mehrere gröbere politische Fehler zu einer unerwarteten Abkühlung der Weltwirtschaft führen. Der entscheidende Fehler könnte zum Beispiel von der amerikanischen Fed kommen, welche die Zinsen zu schnell oder zu langsam anzieht. Kommt in den USA der Geist der Inflation plötzlich aus der Flasche, könnte er nur schwer zu kontrollieren sein. Auch in China ist eine Fehlentwicklung denkbar, funktioniert der Wechsel von einer investitionsgetriebenen zu einer konsumgetriebenen Wirtschaft nicht wie gewünscht. Die harte Landung könnte sich auf andere Schwellenländer auswirken und zu einer globalen Rezession führen. In Europa besteht die Gefahr eines Ausstiegs von Griechenland und Grossbritannien aus der EU, was einen Flächenbrand nicht ausschliessen würde. Ausserdem sind politische Instabilitäten durch tiefe Ölpreise in Ländern wie Saudi Arabien, Russland und Venezuela denkbar.

Anlagetipp: In diesem Szenario steht die Flucht in sichere und hochwertige Anlagen im Mittelpunkt. Dazu zählen langfristige US-Staatsanleihen und defensive Aktien europäischer Kernländer wie Deutschland und den Niederlanden sowie aus den USA. Anstatt Small Caps sollten Firmen mit einer hohen Marktkapitalisierung gekauft werden. Gold gewinnt wegen den Unsicherheiten wieder an Wert. Gemieden werden sollten zyklische Aktien und generell Anlagen in Rohstoffe.