Oscar Farinetti (61) ist ein Italiener, wie wir ihn kennen und kennen wollen: Stets gut gelaunt, stets mit einem flotten Spruch und immer mit konstantem Redefluss. Farinetti steht aber auch für eine der weltweit erfolgreichsten Firmenlancierungen der letzten zehn Jahre. Mit seiner Edelsupermarktkette Eataly transportiert er italienische Ess- und Trinkfreuden in die Welt, begleitet mit einem Einkaufserlebnis und verpackt in exzellentes Marketing.

Vor allem die Amerikaner fahren auf Eatly ab, das mittlerweile 32 Filialen weltweit hat. Kürzlich standen bei der Eröffnung des zweiten Eataly-Ladens in New York 15'000 Leute Schlange. Eataly gehört zu 60 Prozent der Farinetti-Familie, den Rest teilen sich zwei Grossinvestoren.

Oscar Farinetti, der mit Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi befreundet ist, weilte am Donnerstag in Zürich, wo er am Forum der Schweizerischen Management Gesellschaft eine Rede hielt. Zuvor hatte cash.ch Gelegenheit, mit Farinetti zu reden. Er bestellte dazu ein Glas Weisswein und insistierte dabei auf einen schweizerischen.

cash: Herr Farinetti, wie laufen die Geschäfte?

Oscar Farinetti: Sie laufen gut, wir sind glücklich. Die Geschäfte laufen vor allem auch in Italien gut, wo die wirtschaftliche Situation bekanntlich ja nicht so toll ist.

Sie haben mittlerweile 15 Standorte in Italien.

Ja, und der Umsatz verteilt sich etwa auf 250 Millionen Euro in Italien und auf 250 Millionen Euro auf den Rest der Welt. Wir haben zwei Hauptmärkte: Italien und die USA. Dort haben wir zwei Läden in New York eröffnet und einen in Chicago. Im November starten wir eine Filiale in Boston, 2017 folgen dann Los Angeles und Las Vegas.

Warum dieser Fokus auf die USA? In Europa haben Sie mit München erst im letzten Dezember den ersten europäischen Standort ausserhalb Italiens eröffnet.

Die USA sind ein fantastischer Markt für italienisches Essen. Die Amerikaner kapieren sehr schnell, sie kaufen schnell und schauen dabei kaum auf den Preis. Die Amerikaner lieben Italien, der 'Italian Style' ist derzeit in den USA extrem cool. Sie haben München erwähnt. Wir haben auch für Europa Pläne. Im November werden wir einen Laden in Kopenhagen eröffnen, im nächsten Jahr sind Frankreich und Grossbritannien an der Reihe. Wir wollen in jedem europäischen Land präsent sein.

Wann kommen Sie in die Schweiz? Es soll ja Gespräche für einen Standort Lausanne gegeben haben.

In die Schweiz werden wir voraussichtlich 2019 kommen. Es stimmt, wir schauen uns in Lausanne um, aber auch in Zürich oder Genf.

Wie sieht es ausserhalb von Amerika und Europa aus?

Wir haben bereits zwei Läden in Dubai und einen in Istanbul. Gegen Ende 2016 werden wir zwei weitere Filialen in Doha und Bahrain eröffnen und ebenso in Moskau, dann sind ein weiterer Laden in Südkorea und zwei neue in Tokio geplant. Wir sind überdies jetzt daran, den Partner für unsere Expansion nach China zu bestimmen. Diesen Markt werden wir 2018 oder 2019 betreten.

Haben Sie keine Angst vor der sich abschwächenden Konjunktur in China?

Unser Konzept und unsere Läden sind vom Konjunkturverlauf weitgehend unabhängig. Nehmen Sie Brasilien als Beispiel. Der Wirtschaft dort geht es ziemlich schlecht, aber unser Geschäft in Sao Paulo läuft sehr gut. Wir verkaufen unsere Waren an reiche und leidenschaftliche Leute. Die gibt es überall auf der Welt. Firmen, die billige Waren verkaufen, leiden viel stärker unter dem Wirtschaftsverlauf. In China leben gegen 1,5 Milliarden Menschen. Wenn es mir dort gelingt, jeder Familie pro Jahr eine Flasche Wein zu verkaufen, dann bin ich ein reicher Mann (lacht).

Sie führten lange Zeit Ihren Familienbertrieb UniEuro, eine Elektronikhandelskette, die Sie 2002 für 500 Millionen Euro verkauften. Eine nettes Anschubkapital für die Lancierung von Eataly…

Ja, ich habe nicht gerne Schulden. Eine Mission als Unternehmer sollte ja sein: Vorhandenes Geld investieren und nicht in der Familie behalten. Wir sind mit diesem Kapital gestartet, aber heute reicht der Cash-Flow von Eataly aus, um fünf bis sieben neue Filialen pro Jahr zu eröffnen. Wenn wir in ein neues Land expandieren, dann finanzieren wir die entsprechende Gesellschaft zu 70 Prozent mit eigenen Kapital und zu 30 Prozent mit Fremdkapital.

Sie haben also nicht dringend Kapitalbedarf für die Expansion. Dennoch planen Sie einen Börsengang in Mailand für 2017 oder 2018 mit einem Free Float von 30 bis 33 Prozent. Warum?

Wir brauchen die Erlöse aus einem Börsengang nicht für das Geschäft, das stimmt. Das Geld aus einem IPO ist für uns.

Viele Unternehmen halten die Pläne für ein IPO geheim, Sie künden es schon lange Zeit im voraus an. Weshalb?

Wie sind ein Anti-Modell-Unternehmen. Wir machen alles etwas anders als der Rest.

Schauen Sie auch das cash-Video-Interview mit Oscar Farinetti, in welchem er Italiens Volkswirtschaft eine goldene Zukunft voraussagt.