Die manipulierten Abgastests bei VW-Dieselwagen in den USA schrecken die Autobranche auf. Seitdem der Skandal am Wochenende publik wurde, stürzte die VW-Aktie ganze 38 Prozent talwärts. An der Börse kam es bei vielen Autozulieferer- und Autohersteller-Aktien in der Folge zu einer Abwärtsbewegung. Die Performances der Schweizer Zulieferer-Titel Autoneum (-8 Prozent), Ems-Chemie und Georg Fischer (beide je -5 Prozent) haben seit Montagmorgen deutlich gelitten.

Allerdings sind Schweizer Zulieferer nur in geringem Ausmass vom Skandal betroffen. Die Kursrückgänge in einer generell turbulenten Börse sind wohl als eine Überreaktion der Märkte zu verstehen. "Das Ganze ist für VW zwar lästig und teuer, sollte aber keine grösseren Auswirkungen auf den Automarkt haben", sagt Armin Rechberger, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank, auf Anfrage von cash.

Die Schweizer Unternehmen sind nicht stark von VW abhängig, zu gross ist die Diversifikation. Es gab an der Börse eine gewisse Sippenhaft, aber vieles sei inzwischen eingepreist. "Wenn kein neues Vorkommnis ans Tageslicht kommt, hat man an der Börse wohl überreagiert", so Rechberger.

Branche ist diversifiziert

Das Winterthurer Unternehmen Autoneum etwa stellt Hitze- und Lärmdämmungen her. Der Volkswagen-Konzern steht für vier Prozent des Umsatzes, wobei der wichtigste Teil davon auf die Marke Audi entfällt. Das Unternehmen zählt viele der grossen Hersteller zu den Kunden, wobei gemäss Jahresbericht 2014 der grösste Abnehmer mit 17 Prozent Ford ist, gefolgt von BMW (11 Prozent) und Honda (10 Prozent).

Nordamerika ist mit 46 Prozent der grösste Autoneum-Markt. Sollte sich das VW-Problem regional ausweiten, wäre dies unter Umständen ein Thema für die frühere Rieter-Autoteilesparte. Georg Fischers Automotive-Division will sich zwar in Nordamerika stärker engagieren. 2014 zeichneten Nord- und Südamerika nur für einen kleinen Teil des Umsatzes des Schaffhauser Unternehmens verantwortlich. Das Hauptgeschäft liegt in Deutschland, dem übrigen Europa und Asien.

"Die Schweizer Zulieferer sind breit aufgestellt und könnten auch Marktanteilsverschiebungen auffangen", sagt auch Fabian Häcki, der bei der Bank Vontobel Industrieunternehmen analysiert. Bei VW sei der Brand beschädigt, und die Busse wird wehtun, sagt Häcki. Sollte VW wirklich 16 Milliarden Dollar entrichten müssen, oder treffen hohe Strafen allenfalls andere Hersteller, hätte dies deutliche Folgen für die Autobranche.

Häcki gibt aber zu bedenken: "So einfach kann aber auch ein Hersteller nicht den finanziellen Druck auf die Zulieferer weitergeben, denn rund 70 Prozent der Innovationen kommen von den Zulieferen."

China ist das grosse Problem

Die Frage, ob auch andere Hersteller bei den Abgaswerten geschummelt haben, ist noch nicht geklärt. Wäre dem so, würde sich die Lage anders darstellen, wie ZKB-Experte Rechberger sagt. "Die Gefahr einer Kettenreaktion, ähnlich wie bei der Bankenwelt, besteht, sofern weitere Firmen wie Chrysler oder BMW auch betrogen hätten", ist Rechenberger überzeugt. Dann stünden auch die Schweizer Zulieferer vor Problemen.

Solange sich der Wirbel allerdings auf VW und Nordamerika beschränke, sei die VW-Krise für Schweizer Zulieferer kein grosses Thema, sagt Fabian Häcki: "Sie beliefern vorrangig das Premium-Segment für Europa und Asien, und weniger die betroffenen Mittelklasse-Modelle der US-Produktion von VW. Was die Zulieferer viel mehr beschäftigt, ist die Lage in Asien. Der Nachfrage-Einbruch in China bereitet deutlich mehr Sorgen als die VW-Krise."

Kursentwicklung der Schweizer Autozulieferer-Titel

Titel Performance seit 19.9.2015, in %
Volkswagen -38
Autoneum -8
Ems-Chemie -5
Georg Fischer -5
Sika -3
SPI -3
Komax -2
SFS -1
Feintool +1

Quelle: cash.ch, Stand: 23.09.2015, 10:30 Uhr