Der Swiss Market Index (SMI) hat ein bewegtes Halbjahr hinter sich: Kurz vor dem Jahreswechsel fing der Leitindex erneut an zu fallen, erreichte einen Tiefstand bei 7425 Punkten in der zweiten Februarwoche, schaltete dann in den Erholungsmodus. Mit heftigen Schwankungen – bedingt durch Sorgen um China und Spekulationen um die Motive der Notenbanken in Washington und Frankfurt - arbeitete er sich von da aus bis auf 8311 Punkte Ende Mai.

Nun erfasst das Brexit-Votum die Märkte, das die Mehrheit der Wähler in Grossbritannien am Donnerstag für die Finanzmärkte völlig unerwartet vollzog. Der Kursverlust des SMI im ersten Halbjahr beträgt somit doch satte 12 Prozent, heruntergezogen von den drei Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis, die alle im Minus stehen. Im Strudel des Brexit-Entscheids haben Analysten aber schon angemerkt, dass defensive Gesundheits- und Nahrungsmittelaktien in den nächsten Wochen in einer besseren Lage sind als Zykliker.

Drei SMI-Titel, die das Halbjahr mit einem Plus verlassen, sind die Industrietitel ABB, Geberit und Givaudan. Bei ABB setzen die Anleger Vertrauen in ambitionierte Finanziele und den wachsenden Markt für Energieeffizienz, während Givaudan und Geberit mit Innovation glänzen. Anleger müssen bei den drei Firmen unterscheiden: Während bei der sehr grossen ABB der Wind drehen kann, ist bei Geberit die Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 30 ziemlich hoch. Givaudan ist ähnlich hoch bewertet, gilbt aber als guter Dividendenzahler.

Leiden nicht nur wegen Brexit

Im SMI am besten indessen schnitt der Warenprüfkonzern SGS ab (siehe Tabelle), gestützt von einer positiven Umsatzentwicklung. Der Kurs hob allerdings auch die Bewertung auf ein KGV von hohen 25. Actelion, schon seit Jahren häufig ganz oben in den Bestenlisten, auf Rang zwei legte positive Unternehmenszahlen vor und profitiert von der EU-Marktzulassung des Lungenhochdruckmittels Uptravi.

Schlusslichter im SMI bilden die Grossbanken Credit Suisse und UBS, dann die stark zyklischen Titel Adecco und LafargeHolcim sowie die Luxusgüterkonzerne Richemont und Swatch. Diese Titel sind zuletzt besonders vom Brexit-Votum getroffen worden und erfuhren zum Teil Herabstufungen durch die Analysten.

Bei der CS und LafargeHolcim spielen neben dem Brexit auch operative und strukturelle Probleme eine Rolle, die die beiden Konzerne jeweils schon seit längerem belasten. Speziell das Drama der CS scheint kein Ende zu nehmen: Begleitet von schwachen Zahlen, vernichtend teuren Altlasten und einer schleppenden Neuorientierung ist der Kurs seit Anfang August 2015 um rund 60 Prozent gefallen. Der UBS wird gemeinhin eine solidere Verfassung bescheinigt.

Richemont und Swatch leiden unter dem lahmenden Uhrenexport und der schwächeren Konjunktur im Exportmarkt China - auch dies ein dem aktuellen Brexit-Umfeld übergeordnetes Thema.

Breiter Markt fällt weniger als SMI

Die Nachfrage der Anleger nach Industrieaktien zeigt sich noch deutlicher im breiten Markt. Der SPI zeigt year-to-date ebenfalls ein Minus (-8 Prozent). Doch wie meistens enthält der breite Markt Aktien, die deutlicher als die SMI-Aktien gestiegen oder gefallen sind.

Beste Aktie im Halbjahr ist der Pharma- und Biotechzulieferer Bachem (+46 Prozent), der im Geschäft mit vielfältig einsetzbaren Peptiden verankert ist. Bachem profitiert von einem erfolgreichen Turnaround, die Kapazitäten sind ausgelastet. Dafür ist die Akte mit einem KGV von über 30 hoch bewertet.

Unter den SPI-Top-Ten befinden sich mit Arbonia, Emmi, Leclanché, Schmolz+Bickenbach und Looser Unternehmen der produzierenden Industrie. Auch auf den nächsten Rängen erscheinen Namen wie Schlatter, Straumann, Bobst oder Lem. Abgesehen von Leclanché und Arbonia, die jeweils vom Einstieg eines Grossaktionärs profitieren, und Schmolz+Bickenbach, wo die Aktie unter 1 Franken kostet, zeigt dies einen Trend zu Industrie-Aktien.

Franken relativ stabil

Diese Firmen verfügen über stabile Bilanzen und gute Marktpositionen, in dem sie beispielsweise Nischen besetzen. Strategisch sind sie gut ausgerichtet oder im Begriff, neu ausgerichtet zu werden. Tendenziell sind diese Firmen weniger vom unsicherer gewordenen Asien-Absatz abhängig und profitieren umgekehrt vom Aufschwung der US-Wirtschaft und vom einigermassen stabilen Europa-Geschäft.

Vor allem aber haben sich diese Firmen ein Jahr nach der Aufhebung des Euro-Franken-Wechselkursverhältnisses fangen können. Bis Anfang Juni verlief der Wechselkurs zwischen knapp 1,08 und 1,12: Eine ziemlich stabile Spanne, mit der sich die Exporteure arrangieren können.

Trotz Kursanstiege dieser Industrietitel sind die Bewertungen noch im Rahmen. Etwas vorsichtiger müssen Anleger nun aber sein: Im zweiten Halbjahr erhöht sich mit dem Brexit klar die Unsicherheit. Auch der Euro-Franken-Kurs ist nach dem Ausgang des Referendums gefallen, die SNB hat aber bekräftigt, dass sie den Kurs einigermassen stabil halten will. Dass sich die Unsicherheit sofort massiv auswirkt, ist unwahrscheinlich.

 

Die Halbjahres-Gewinner und -Verlierer am SMI 2016

Top Flop
Titel Performance, in % Titel Performance, in %
SGS 12 Credit Suisse -50
Actelion 10 UBS -37
Geberit 5 Adecco -30
ABB 5 LafargeHolcim -24
Givaudan 2 Julius Bär -23
Nestlé -1 Richemont -23
Syngenta -6 Swatch -20
Swisscom -8 Swiss Life -18
Roche -11 Swiss Re -17
Zurich -12 Novartis -12

Quelle: cash.ch, Stand 28.06.2016.

 

Die Halbjahres-Gewinner und -Verlierer am SPI 2016

Top Flop
Titel Performance, in % Titel Performance, in %
Bachem 46 EFG -67
Leclanché 32 Leonteq -64
AFG Arbonia 32 Accu -50
Goldbach Group 31 GAM -49
Emmi 30 Newron -42
Schmolz + Bickenbach 28 Meyer Burger -41
Looser 28 Charles Vögele -37
Kudelski 27 Evolva -36
Valora 26 Molecular Partners -35
Peach Property 22 USI Group -35

Quelle: cash.ch, Stand 28.06.2016.