cash: Herr Niquille, seit Monaten wird vor einer drohenden Immobilienblase geredet. Die UBS zählt Zug in ihrer quartalsweise erscheinenden Studie zu den Gefahrenregionen. Macht Ihnen diese Entwicklung Sorgen?

Nein. Der Zuger Immobilienmarkt macht uns keine Angst. Wir beobachten ihn sehr genau und stellen nach wie vor fest, dass er gut funktioniert. Es sind aber mehr preisliche Übertreibungen als auch schon festzustellen. Deshalb sind wir bei der Risikoselektion etwas selektiver geworden.

Ist die Einschätzung der UBS falsch?

Das liegt wohl an der Betrachtungsweise. Die UBS verfolgt einen eher wissenschaftlichen Ansatz, unser Vorgehen ist pragmatisch und marktnah. Die Immobilienpreise sind zum Teil massiv gestiegen. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Wir stellen aber fest, dass der Handel in diesem Markt weiterhin reibungslos abläuft. Und wenn mal eine grössere Preiskorrektur kommen sollte, fiele diese in der Peripherie markanter aus als im Wirtschaftsraum Zug.

Trotzdem hat die Zuger Kantonalbank 2012 das Wachstum bei Hypotheken massiv reduziert. Weshalb?

Ein Wachstum zwischen 4 und 5 Prozent ist immer noch ein schöner Wert. Wir wollen aber kein exzessives Wachstum mehr und sind bei der Risikoselektion noch etwas vorsichtiger geworden.

Im September will die Schweizerische Nationalbank den antizyklischen Kapitalpuffer aktivieren. Mit welchen Folgen für die Zuger Kantonalbank?

Diese sind vernachlässigbar. Bereits heute rechnen wir in unserer Kapitalplanung die maximale Pufferhöhe von 2,5 Prozent ein. Auch bei dieser Berechnung verfügt die Zuger Kantonalbank über einen wesentlichen Betrag an Überschusskapital. Der antizyklische Kapitalpuffer wird die Kapitalkosten verteuern, hat aber keine unmittelbare Wirkung im Sinne einer Einschränkung von Hypothekarkrediten.

Wird die SNB den Kapitalpuffer in naher Zukunft nach oben anpassen müssen?

Wenn der Immobilienmarkt weiter anheizen werden sollte, ist eine Erhöhung des Puffers durchaus denkbar. Allerdings wird die Wirkung des Puffers beschränkt bleiben. Die Nationalbank hat aber mit der Thematisierung des Immobilienmarkts zustande gebracht, dass sich die Banken in diesem Bereich disziplinierter benehmen.  

Im Zusammenhang mit Hypotheken sind in den letzten Monaten immer mehr Online-Angebote entstanden, hinter denen Kantonalbanken stehen. Ist das die Zukunft?

Nein, das entspricht nicht dem Kundenbedürfnis. Wer eine Immobilie kauft, macht das in der Regel sehr wenige Male im Leben. Bei dieser finanziellen Dimension wollen Kunden einem Berater gegenüber sitzen, der Detailfragen beantworten kann.

Welches Kundensegment sprechen Online-Hypotheken an?

Vor allem jene mit problemlosen Finanzierungen, hauptsächlich bei Verlängerungen von bestehenden Hypotheken, bei denen der Anbieter den Kunden kennt. Für diese Art von Geschäft kann es sogar ein gutes Instrument sein. Für Neugeschäfte gibt es nur wenige Fälle, die online abgewickelt werden können. Mir sind bislang noch keine Zahlen dieser Portale bekannt, aber ich gehe davon aus, dass das Potenzial der Online-Hypotheken überschätzt wird.

Dennoch: Es ist ein weiterer Versuch von Kantonalbanken, die Grenzen des eigenen Kantons aufzubrechen?

Es ist in der Tat ein Zeichen, dass die Kantonsgrenzen im ursprünglichen Sinne nicht mehr gelten. Es ist ein Versuch, Cherry-Picking auch in ausserkantonalen Revieren zu machen.

Wird sich diese Tendenz fortsetzen?

Was uns betrifft: Nein. Ich bin der Meinung, dass Kantonalbanken erst das Potenzial im eigenen Kanton ausnützen sollen. Zug ist eine sehr attraktive Wirtschaftsregion. Mit dem grossen Marktanteil im Hypothekar- und Spargeschäft haben wir zu fast allen Personen im Kanton Kontakt. Über diesen Zugang die Kunden zu beraten und das Geschäft auszuweiten ist viel einfacher, als wenn jemand von aussen kommt und quasi eine Kaltakquisition machen muss.

Bei Kantonalbanken hat sich die Cash-Position in nur zwei Jahren massiv erhöht. Bei der Zuger Kantonalbank ist es gar eine Verzehnfachung. Wissen Sie nicht, was sie mit dem Geld anfangen sollen?

Das ist ein Ausdruck des Anlagenotstands. Einerseits haben wir einen steten Zufluss an Kundengeldern, andererseits nur noch ein gedrosseltes Wachstum bei Krediten. Die Finanzanlagen sind rückläufig, weil wir mit unseren Qualitätsansprüchen kaum Anlagemöglichkeiten sehen.

Das heisst: Auch Kunden halten weiterhin viel Cash?

Ja, sie wollen es lieber auf ihr Konto schieben als in Wertschriften anlegen. Wir stellen allerdings eine stete, aber noch immer langsame Rückkehr des Anlegervertrauens fest. Die Börsenhochs, die jüngst bejubelt wurden, kamen auf sehr kleinen Volumen, die hauptsächlich von professionellen Anlegern generiert wurden, zustande. Bis die privaten Anleger Gelder im grösseren Stil an der Börse anlegen, wird es noch einige Zeit benötigen. 

Mit 5000 Franken ist die Aktie der Zuger Kantonalbank der drittschwerste Titel der gesamten Schweizer Börse. Ist ein Split der Aktie nun ein Thema?

Nein, wir sehen hinter einem Split keinen wirklichen Sinn. Für uns ist ein lokales und breit verankertes Aktionariat wichtig, und dieses haben wir. Die Zuger Kantonalbank hat nicht nur die drittschwerste Aktie, sondern mit jeweils rund 3000 Aktionären vermutlich auch die drittgrösste Generalversammlung der Schweiz.


Im Video-Interview äussert sich Niquille zudem zum Einfluss der EZB-Zinssenkung auf das Geschäft der Kantonalbanken und zu seinen Erwartungen an die Niedrigzinsphase.