Bald ist es ein halbes Jahr her, seitdem die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Kursuntergrenze zum Euro aufgehoben hat. Die Folgen - Frankenaufwertung, Wirkung von Negativzinsen - sind immer noch nicht absehbar. Doch die werden sich in den nächsten Monaten langsam zeigen.

"Es sieht nach einem heissen Herbst aus. Die Leiden werden sich nach und nach zeigen", ist cash-Guru Alfred Herbert im cash-Börsen-Talk überzeugt. Er meint damit nicht bloss einen weiteren Stellenabbau vor allem in den exportorientierten Branchen, sondern auch die Wirkung von Negativzinsen. "Ein Grossteil der Leute hat den Negativzins noch nicht bemerkt, weil es Ihnen nicht direkt ans Portemonnaie geht. Bis der Sparer das herausfindet, dauert es noch Monate oder Jahre."

Mit der Aufhebung der Kursuntergrenze am 15. Januar hatte die SNB einen Negativzins von 0,75 Prozent auf ihren Girokonten eingeführt - mit dem Ziel, dass der Franken unattraktiver wird fürs Geldparkieren. Der Franken, der im Jahr 2007 noch zu einem Niveau von 1,70 pro Euro gehandelt wurde, ist traditioneller Zufluchtsort internationaler Anleger und hat sich während der Finanz-, Schulden- und Eurokrise sukzessive aufgewertet. Bis heute. 

Unter den Negativzinsen leiden vor allem Pensionskassen und Versicherer: Sie haben Geld der Versicherten bei der SNB angelegt und müssen nun dafür zahlen. Sie werden überdies auch von den Geschäftsbanken mit Strafzinsen belegt. Es leiden auch Sparer. Ihre Zinsen auf Sparkonten und anderen Guthaben werden ausradiert, fallen aber noch nicht ins Negative.
 
Ein Domino-Effekt
 
"Wir haben einen Domino-Effekt, jeder 'ginggt' von oben herab, und derjenige, den es zuletzt trifft, ist der Sparer", sagt Herbert. Unter Experten gehen die Meinungen auch auseinander, ob Negativzinsen überhaupt eine Wirkung haben auf den Frankenkurs. Der Bundesrat soll jedenfalls untersuchen, welche Folgen die Negativzinsen für Pensionskassen, Kleinsparer und Kantone haben, wenn sie längerfristig in Kraft bleiben oder noch erhöht werden. Weiter soll er untersuchen, wie erreicht werden könnte, dass Gelder der beruflichen Vorsorge und der Sozialwerke vom Negativzins ausgenommen werden.
 
Bezüglich Börse ist Herbert für das zweite Halbjahr etwas skeptisch eingestellt. Es stehen wichtige Ereignisse an: Die US-Notenbank wird im September oder im Dezember ziemlich sicher die Zinsen anheben, Griechenland wird weiter ein Thema bleiben, und auch der Konflikt in der Ukraine wird laut Herbert wieder in die Schlagzeilen zurückkehren und die Anleger beschäftigen. "Die Verpolitisierung der Börse wird anhalten, und das war noch nie gut", gibt Herbert zu bedenken.
 
Somit darf man vom Swiss Market Index (SMI) im zweiten Halbjahr nicht allzu grosse Sprünge erwarten. Die Performance im ersten Halbjahr beläuft sich auf etwa 1 Prozent. "Klar, der SMI wäre wohl einiges besser gelaufen in diesem Jahr, hätten wir nicht die Aufhebung der Kursuntergrenze gehabt", sagt Herbert. Seit dem Absturz Mitte Januar hat der SMI immerhin etwa 13 Prozent wettgemacht.
 
An der Spitze der 20 Aktien im SMI etablierten sich im ersten Halbjahr Syngenta und Actelion mit einer Performance von über 20 Prozent (zum cash-Artikel). Beiden Firmen verhalfen Übernahmefantasien zum Kurssprung. Am anderen Ende der Tabelle befinden sich Swatch und SGS mit einer Minusperformance von je 15 Prozent. 
 
Der Genfer Warenprüfkonzern befindet sich laut Herbert zu Unrecht auf diesem Platz. "SGS stagniert auf hohem Niveau. Die Firma hat viel Geld und macht viele, kleine Akquisitionen", sagt Herbert. "SGS ist für mich eine todsichere Aktie. 'Buy and forget', die Aktie wird einem Freude bereiten.  "

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Alfred Herbert auch zur Aktie von Nestlé, zur Bankenkonsolidierung und zur Entwicklung des Goldpreises.