Die Franken intensiviert seit Donnerstag seine Talfahrt gegenüber dem Euro. Das Währungspaar EUR/CHF notiert am Freitag zeitweise auf 1,2462 Franken. Derart schwach präsentierte sich die Schweizer Währung letztmals Ende Januar dieses Jahres, als das Jahrestief bei 1,2570 erreicht wurde. Alleine in den letzten vier Wochen wertete sich der Franken zum Euro um 2,5 Rappen ab.

Bereits in den Tagen vor Auffahrt schwächelte der Franken deutlich. Am Dienstag drückten Gerüchte auf die Schweizer Währung, wonach ein Hedgefonds Euro/Franken-Calloptionen ausgelöst habe. 

Auch gegenüber dem Dollar und britischen Pfund hat sich der Franken weiter abgeschwächt. In den USA waren die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend weiter zurückgegangen, wie neue Zahlen des Arbeitsministeriums zeigten. Die Daten sorgten für Kursauftrieb beim "Greenback". Und die Bank of England verzichtet auf weitere Lockerungen ihrer Geldpolitik. Zudem ist die Industrieproduktion im Vereinigten Königreich im März stärker als erwartet gestiegen.

Wenig spricht für den Euro

Überraschend ist in erster Linie die Abwertung des Frankens zum Euro, weil es derzeit kaum konjunkturelle Argumente für einen stärkeren Euro gibt. Die jüngsten Wirtschaftsdaten aus Europa sind mit Ausnahme von Lichtblicken aus Deutschland und Spanien mau ausgefallen, die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone kletterte auf Rekordwerte. Aber auch die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) Anfang Mai hätte eher dem Franken Auftrieb geben sollen - und nicht dem Euro. 

Es sei ein Mix von Gründen, welche derzeit den Franken etwas belasten würden, heisst es im Markt. Hauptgrund sei die Erwartung gewisser Marktteilnehmer, dass die Probleme der Eurozone sich verringern könnten bzw. die Eurozone sich von ihrem Austeritätskurs entfernen könnte. Dies wiederum führe dazu, dass die Risikoprämien gefallen seien und die Märkte ihr Geld von den sicheren Häfen, wie der Franken einer sei, abziehen und in die Aktienmärkte investieren würden. Und auch die Annahme, dass die USA ihre riesigen Anleihenkäufe im Laufe des Jahres beenden könnten, wirke sich negativ auf den Franken aus, heisst es.

Spekulationen zu SNB-Geldpolitik

Ausserdem gebe es im Markt Spekulationen, die Schweizerische Nationalbank (SNB) könnte ihre Geldpolitik wegen zunehmender Deflationsgefahr weiter lockern. Laut Marktteilnehmern gäbe es zwei Möglichkeiten, die Politik noch expansiver zu gestalten, entweder mit einem höheren Mindestkurs zum Euro oder mittels Einführung von Negativzinsen. Es sei allerdings sehr unwahrscheinlich, dass die SNB an ihrem nächsten Meeting am 20. Juni oder noch vorher ihre Politik ändern würde. Der Mindestkurs des Frankens zum Euro von 1,20 werde derzeit international von den meisten Nationen oder Organisationen akzeptiert, da mache es für die SNB im Moment wenig Sinn, die Politik zu ändern, so ein Marktteilnehmer.

Zudem habe der Franken auch vor der jüngsten Kursschwäche relativ weit weg vom Mindestkurs weg notiert, so dass eine zusätzliche Erhöhung nicht nötig wäre, heisst es am Markt. Negativzinsen habe die SNB als Mittel im äussersten Notfall bezeichnet. Die (Konjunktur-)Aussichten seien zwar nicht berauschend, aber auch nicht so schlecht. Daher gebe es für die SNB eigentlich keinen Grund für eine Erhöhung des Mindestkurses. Zuletzt stand bei der SNB auch eher der überhitzende Immobilienmarkt und weniger die Frankenstärke im Vordergrund.

Bereits ziehen erste Devisen-Trader den Euro gegenüber dem Franken vor. Die Devisenmarktstrategen der Bank Lloyds schreiben in einer Anlegernotiz, das Währungspaar Euro/Franken biete sich derzeit an, um von der ihrer Ansicht nach "Euro-positiven Stimmung" zu profitieren.  Vor allem die Risiken auf der Kreditseite seien im Euro-Raum deutlich gesunken. Sie setzen auf einen Test des Jahreshoch bei rund 1,25 Franken. Ihre Voraussetzung - ein Bruch der Marke von 1,2350 Franken - ist seit Donnerstag gegeben.