Die Aussicht auf eine bevorstehende Rezession lässt einige der größten Fondsmanager der Region auf Nummer sicher gehen und Positionen in europäischen Staatsanleihen aufbauen - auch in deutschen Bundesanleihen, die eine negative Rendite aufweisen. Trotz der Bemühungen der Europäischen Zentralbank zur Abwendung einer Kontraktion, dürften die Renditen wieder auf historische Tiefstände zusteuern.

“Das Abgleiten und Auftauchen aus der Rezession könnte in Europa zur Norm werden”, sagt Luke Hickmore, ein Fondsmanager bei Aberdeen Standard Investments, der die Laufzeit seiner Portfolios erhöht hat. “Ich denke, Deutschland befindet sich derzeit in einer Rezession, aber für ganz Europa würde ich die Wahrscheinlichkeit für 2020 auf fast 60% schätzen.”

Der diesjährige Anstieg europäischer Anleihen geriet vor der letzten Runde an Konjunkturdaten in dieser Woche ins Stocken. Jetzt ist die Rally wieder in vollem Gange, nachdem das verarbeitende Gewerbe in der größten Volkswirtschaft der Region den schlimmsten Einbruch seit der Finanzkrise durchmacht. Das schürt erneut Befürchtungen, dass Europa sich wie Japan entwickelt - gekennzeichnet von dauerhaft niedrigem Wachstum, Inflation und Anleiherenditen.

Der Euroraum-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor ist im September auf ein Acht-Monats-Tief von 52 gesunken, was Martin van Vliet von Robeco Institutional Asset Management als “schockierende Zahlen“ bezeichnete. Jeder weitere Rückgang unter 50, die Trennlinie zwischen Expansion und Kontraktion, wird ausschlaggebend dafür sein, ob die deutschen Renditen noch weiter fallen, sagt Portfolio-Manager Charles Diebel von Mediolanum SpA.

“Die Zahlen sind Schlecht“, sagte Diebel in einer schriftlichen Antwort auf Fragen. Er bezifferte die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im Euroraum in den nächsten 18 Monaten auf 50%.

Weitere Anzeichen für eine Stimmungseintrübung zeigten sich am Dienstag, als die Geschäftserwartungen für Deutschland für den laufenden Monat auf den niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnt fielen. Die Stimmung unter den deutschen Exporteuren habe sich deutlich eingetrübt, sagte das ifo-Institut, das das Stimmungsbarometer erstellt, derzeit gebe es kaum “positive Signale”.

Neue Tiefs

Tatsächlich ist der Citi Economic Surprise Index, ein Indikator, ob Konjunkturdaten die Analystenerwartungen übertreffen oder verfehlen, in dieser Woche auf den niedrigsten Stand seit Februar gesunken, was die Rally am Markt weiter anheizte. Der globale Stratege von ADM Investor Services, Marc Ostwald, bezeichnete die jüngsten Produktionszahlen als “miserabel”.

Die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen sind am Mittwoch auf -0,61% gesunken, nachdem sie Anfang dieses Monats ein Allzeittief von -0,74% erreicht hatten. Die italienischen, spanischen und französischen Staatsanleihen sind in dieser Woche ebenfalls gefallen. Auf Euro lautende Investment-Grade-Anleihen haben in diesem Jahr einen Ertrag von 8,5% erzielt.

Amundi Asset Management, Europas größter Fondsmanager, ist der Ansicht, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen ist, wieder in globale Anleihen einzusteigen, da die Märkte zu viel geldpolitische Lockerung einpreisen, sagt Pascal Blanque, Group Chief Investment Officer bei Amundi. Der Vermögensverwalter hat sein Engagement in langfristigen US-Staatsanleihen reduziert.

“Die Konjunkturschwäche und eine neue Runde der geldpolitischen Anreize deuten darauf hin, dass die langfristigen Zinsen und Staatsanleiherenditen erneut nachgeben werden und letztlich die bisherigen Rekordtiefstände unterschreiten werden”, erwarten die ABN-Strategen Aline Schuiling und Nick Kounis.

(Bloomberg)