"Ich gehe davon aus, dass sich die Kerninflation im ersten Halbjahr nicht wesentlich abschwächt und ungefähr in der aktuellen Grössenordnung bleibt", sagte der Chef der Oesterreichischen Nationalbank dem Handelsblatt in einem am Montag veröffentlichten Interview. "In diesem Fall erwarte ich, dass wir die Zinsen in diesem Jahr noch viermal um einen halben Prozentpunkt erhöhen."

Zweijährige deutsche Anleihen gaben nach den Äusserungen Holzmanns frühere Gewinne wieder ab, und die Rendite stieg um fünf Basispunkte auf 3,26 Prozent, den höchsten Stand seit 2008. Händler erhöhten ihre Zinswetten und rechnen nun mit einem Gipfel des Einlagensatzes der EZB von etwa 4,05 Prozent.

Holzmann gehört zu den grössten Falken im EZB-Rat. Es ist so gut wie sicher, dass die EZB die Kreditkosten nächste Woche um einen weiteren halben Prozentpunkt anheben wird. Was danach jedoch passiert, ist weniger klar.

Kreditkosten noch nicht restriktiv

Chefvolkswirt Philip Lane sagte am Montag, dass die EZB die Zinssätze nach der Anhebung in der nächsten Woche wahrscheinlich erneut erhöhen wird. Dabei müssten die Währungshüter jede Massnahme jedoch auf die eingehenden Daten abstimmen.

Holzmann zufolge ist das Niveau der Kreditkosten immer noch nicht restriktiv und müsste viel höher sein, um das Wirtschaftswachstum zu bremsen. "Selbst wenn wir die Zinsen jetzt drei Mal um 0,5 Prozentpunkte erhöhen, sind wir erst bei einem Einlagenzins von vier Prozent", sagte er. "Erst dort würden wir ungefähr in den restriktiven Bereich kommen."

Zur schnelleren Verkleinerung ihrer Bilanz könnte die EZB laut Holzmann erwägen, weitere Anleihen in ihr Programm zur quantitativen Straffung aufnehmen. Dazu könnte im Herbst der Abbau der PEPP-Bestände erörtert werden. Bislang hat die EZB signalisiert, die Anleihen bis Ende 2024 reinvestieren zu wollen.

"Ich stelle das in den Raum, sonst verlieren wir wieder ein weiteres Jahr", so Holzmann. "Wir haben eine sehr grosse Bilanzsumme. Und um diese auf einen vernünftigen Wert abzuschmelzen, müssen wir wahrscheinlich etwas aggressiver sein."

(Bloomberg)