Letzte Woche ging es dem Gold an den Kragen. Der Preis für das Edelmetall fiel im Wochenverlauf um rund 5 Prozent, was der grösste Rückgang im laufenden Jahr bedeutet. Der Preis von 1086 Dollar pro Unze markierte gleichzeitig den tiefsten Stand seit Anfang August. In den letzten vier Wochen beträgt das Minus gar 9 Prozent (siehe Chart).

Dieser jüngste Rückgang hat in erster Linie mit der US-Zentralbank (Fed) zu tun. Der amerikanische Arbeitsmarkt hat im Oktober unerwartet stark an Fahrt aufgenommen, sodass am Finanzmarkt nun mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent mit einer Fed-Zinswende im Dezember gerechnet wird. Zuvor waren es 50 Prozent.

Goldpreis in den letzten vier Wochen, Quelle: cash.ch

Steigende Zinsen, so der Konsens, sind in der Regel schlecht für den Goldpreis. "Bei Goldinvestments sind die Opportunitätskosten entscheidend, weil Gold keine Zinsen abwirft", sagt Caroline Hilb, Leiterin Anlagestrategie bei der St. Galler Kantonalbank. Je tiefer also das Zinsumfeld, desto tiefer sind diese Kosten und desto attraktiver erscheint ein Investment in Gold. Mit der Aussicht auf eine Zinswende im Dezember nimmt die Attraktivität des Edelmetalls folglich ab.

Zudem fehlten mit den Schwellenländern und den langfristig orientierten Investoren derzeit zwei wichtige Nachfragegruppen im Goldmarkt, führt Caroline Hilb weiter aus. Der Markt wird aktuell eher von spekulativen Termingeschäften und nicht von langfristigen Investments dominiert. Das zeigen auch die seit längerem andauernden Abflüsse aus Goldfonds.

Fall unter 1000 Dollar?

Die Spezialisten der Saxo Bank vermuten ausserdem, dass viele Hedgefonds auf dem falschen Fuss erwischt wurden, wie sie in einem Kommentar schreiben. Die Unsicherheit über die Zinswende werde die Rohstoffe als Anlageklasse wohl bis zur entscheidenden Fed-Sitzung Mitte Dezember in Atem halten, so der Rohstoffexperte Ole Hansen. Bleibt also die Frage, wie es mit dem Goldpreis in den nächsten Wochen weitergeht. Sinkt er gar unter 1000 Dollar?

Ganz so pessimistisch ist man bei der St. Galler Kantonalbank nicht, aber mehr als 1100 Dollar wird der Unze Gold in den kommenden drei Monaten nicht zugetraut, wie Caroline Hilb sagt. Ebenfalls 1100 Dollar lautet die Prognose der Bank Julius Bär – allerdings in einem Zeithorizont von 12 Monaten.

Potenzial von 16 Prozent

Optimistischer sind die Goldhändler von Degussa. Sie rechnen in den kommenden Monaten mit laufend steigenden Notierungen. Im vierten Quartal 2015 erwarten sie die Unze in der Bandbreite zwischen 1154 und 1227 Dollar, im ersten Quartal 2016 dann sogar zwischen 1213 und 1290 Dollar, was auf den aktuellen Preis ein Kurspotenzial von 16 Prozent bedeuten würde. Auch zuversichtlich ist die Privatbank Maerki Baumann. Sie erwartet in den kommenden Monaten steigende Inflationsraten. Da Gold vielerorts als Inflationsschutz eingesetzt wird, erachtet die Bank den tiefen Goldpreis als Kaufgelegenheit.