Die Federal Reserve (Fed) und ihre Entscheidungsträger mussten zwar schon für so manchen Vergleich herhalten. Doch noch nie wurde die amerikanische Notenbank als "Elefant im Porzellanladen" bezeichnet.

Irgendwann ist immer das erste Mal, dürfte sich der Chefökonom von HSBC gedacht haben. Jedenfalls verwendet er in seinem neusten Kommentar diese Beschreibung. Für den Experten steht fest: Selten zuvor war eine erste Leitzinserhöhung mit grösseren Risiken verbunden als beim sich jetzt abzeichnenden Schritt.

Eine Welt voller Ungleichgewichte

Denn das Weltwirtschaftswachstum sei zuletzt enttäuschend schwach ausgefallen, so heisst es bei der britischen Grossbank. Darf man dem Chefökonomen Glauben schenken, dann lässt sich dieser Umstand nur teilweise mit den Konjunkturzyklen erklären. Es gebe immer mehr Anhaltspunkte dafür, dass es sich auch um eine strukturelle Wachstumsschwäche handle. Neben Verschiebungen in der globalen Wertschöpfungskette bezeichnet der Experte auch protektionistische Massnahmen aus der Politik sowie die restriktivere Handelsfinanzierung als Bremsen für die Weltwirtschaft.

Während viele Zentralbanken ihre Geldschleusen weit geöffnet hätten, sei die Fed dabei, auf einen restriktiveren geldpolitischen Kurs umzuschwenken. Dabei würden sich die Entscheidungsträger ausschliesslich an der Entwicklung der heimischen Wirtschaft orientieren. Das schwache Weltwirtschaftswachstum, der verhaltene Welthandel oder der Druck auf die Preise scheine sie nicht von ihrem Vorhaben abzuhalten, so der Chefökonom.

Wird die Konjunktur in den USA überschätzt?

Der Experte warnt, dass die amerikanische Konjunktur in den letzten knapp 15 Jahren jeweils hinter den meist optimistischen Erwartungen zurückgeblieben sei. Ausserdem habe die Erholung am Arbeitsmarkt bislang keine höheren Löhne nach sich gezogen. Dazu kämen die unter dem starken Dollar leidenden Exporte. Er warnt die Fed deshalb vor einer voreiligen Leitzinserhöhung und ihren negativen Folgen für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung.

Und tatsächlich zeichnen die in den letzten Tagen veröffentlichten Konjunkturindikatoren ein recht nüchternes Bild der amerikanischen Wirtschaft. Zwar fiel der Einkaufsmanager-Index für März mit 55,7 Punkten etwas über den bei 55,3 Zählern liegenden Erwartungen aus. Wie so oft liegt der Teufel allerdings im Detail: Die Auftragskomponente fiel zum fünften Mal in Folge, was seit 2008 nicht mehr zu beobachten war. Diesbezüglich hat der Einkaufsmanager-Index in den letzten sieben Monaten nicht weniger als fünfmal enttäuscht.

Seit Mittwochnachmittag ist zudem bekannt, dass im März in der Privatwirtschaft erstmals wieder deutlich weniger neue Stellen geschaffen worden sind. Vermutlich dürfte das auch den Entscheidungsträgern bei der amerikanischen Notenbank nicht entgangen sein. Bleibt abzuwarten, ob sie wirklich mit dem Kopf durch die Wand wollen und an ihrem bisherigen zins- und geldpolitischen Kurs festhalten.