Gemäss diesem Pakt können Finanzberater relativ einfach samt Kundendaten zu einem Konkurrenten wechseln. Nun ist die Frage offen, ob das Arrangement vor dem kompletten Aus steht. Die Vereinbarung, bekannt als das Protocol for Broker Recruiting, wird am Ende jedoch wohl überleben - nicht zuletzt aus Mangel an attraktiven Alternativen, meinen Branchen-Beobachter.

"Meine zynische Ansicht ist, dass viele Firmen sagen: ’Wir konzentrieren uns nicht auf das Rekrutieren’ und deshalb vielleicht aussteigen", sagt Dennis Concilla, ein Anwalt, der eine Website betreibt, die die Vereinbarung verfolgt. "Aber das Protokoll kann für manche Leute immer noch von gewissem Wert sein", angesichts der hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Arbeitgeberwechseln und der Notwendigkeit eines sicheren Umgangs mit sensiblen Kundendaten.

Zweifel an der Zukunft des Protokolls häuften sich vergangene Woche, als die UBS ihre Absicht offenbarte, aus der Vereinbarung auszusteigen. Nur einen Monat zuvor hatte Morgan Stanley ähnliche Pläne bekanntgegeben. Beide Banken erklärten, dass die Mitgliedschaft in einer Zeit, in der sie sich auf die interne Entwicklung von Beratern statt auf die Rekrutierung konzentrieren würden, nicht mehr sinnvoll sei.

Bei der Ankündigung des Rückzugs fügte Morgan Stanley hinzu, das Protokoll sei inzwischen "voll mit Gelegenheiten für unsportliches Verhalten und Schlupflöcher." Banken seien der Übereinkunft beigetreten oder hätten diese verlassen, je nachdem, wie es ihnen gerade passe.

Ausnahme von Abwerbeverboten

Das Protokoll wurde 2004 von drei grossen Finanzdienstleistern entworfen - zu einer Zeit, in der einige Banken mit Regulierungsbehörden wegen der Handhabung von Kundendaten Ärger bekamen und routinemässig einstweilige Anordnungen von Gerichten einholten, wenn Berater von Bord gingen und dabei versuchten, Kunden mitzunehmen, erinnert sich Concilla.

Das nur drei Seiten lange Protokoll gewährt ausscheidenden Beratern eine Ausnahme bei den in der Branche üblichen Abwerbeverboten. Sie erhalten die Möglichkeit, ihre Kunden-Bücher mitzunehmen, solange sie nur jene fünf Kunden-Informationen verwenden, die das Protokoll zulässt: Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Konto-Bezeichnung.

Heute umfasst die Vereinbarung 1600 Mitgliedsfirmen. Ein bedeutender Teil der Mitgliedsfirmen wurde allerdings eigens dafür gegründet, dass sich Berater unter den Schutzvorschriften des Protokolls von ihren alten Arbeitgebern lossagen können. 

Sie tun dies normalerweise, indem sie jemanden dazu bringen, zunächst eine registrierte Anlageberatungsfirma zu gründen, die dem Protokoll beitritt. Die Berater kündigen dann ihre Jobs - oft an einem Freitag - und übernehmen selbst die Kontrolle über die neue Firma . Dann versuchen sie, Kunden abzuwerben, bevor ihr ehemaliger Arbeitgeber eingreifen kann.

Hohe Geldabflüsse bei Abgängen häufig

Die Strategie ist so erfolgreich geworden, dass Abgänge von Kundenvolumina in Höhe von 1 Milliarde Dollar zuzüglich der Berater heute keine Seltenheit mehr sind.

"Die Reaktion ist: ’Wir können nicht wirklich auf einem höheren Niveau um einige dieser Teams konkurrieren, die sich aus dem Staub machen. Das einzige, was wir tun können ist im Grunde genommen, uns nicht nett zu verhalten, wenn sie von Bord gehen’", sagt Frank LaRosa, Gründer von Elite Consulting Partner.

Grosse Firmen haben ihren eigenen Versionen zum Protokoll ins Spiel gebracht. JPMorgan beispielsweise gehört zu etwa einem Dutzend Banken, die eine "begrenzte Verbindung" zu dem Protokoll beanspruchen. Sie sagen, dass Berater in einigen Teilen der Bank nicht den Schutz des Protokolls erhalten, wenn sie gehen, während andere unter das Abkommen fallen.

Bei all seinen Nachteilen hat das Protokoll weiterhin Unterstützer, auch unter grösseren Namen der Branche. So versprach etwa Raymond James Financial., ein Mitglied zu bleiben, selbst wenn es "das letzte Unternehmen" wäre.

(Bloomberg)