Nach Jahren der Zentralbank-Stimuli verfügen die skandinavischen Länder über erhebliche Bargeldbestände. Vor diesem Hintergrund strömen Banken aus der ganzen Welt in die Region mit Beratungsangeboten zu allem möglichen, von der Vermögensverwaltung bis zu Fusionen und Übernahmen.

JPMorgan, Goldman Sachs und BNP Paribas haben kürzlich bekannt gegeben, dass sie ihre bestehenden Aktivitäten erweitern beziehungsweise neue Büros in Skandinavien eröffnen werden. Viele von ihnen sind auch daran interessiert, Mitarbeiter vor Ort einzustellen, um ihre Präsenz auszubauen.

“Wir sehen vor Ort die Möglichkeit, unser Investmentbanking- und Private-Banking-Geschäft organisch auszubauen”, sagt Klaus Thune, Co-Leiter des skandinavischen Bankgeschäfts bei JPMorgan. Bei der US-Bank kümmern sich rund 40 Banker in London um den skandinavischen Unternehmensmarkt. Er berichtet auch, dass “es viele neue M&A-Mandate gibt”.

Schneller als die USA

Eirik Winter, Chief Executive Officer Nordeuropa bei BNP Paribas, sagt, die Attraktivität der Region liege in ihrer “Tendenz, etwas schneller als der Rest Europas und in einigen Fällen sogar schneller als die USA zu wachsen.”

Auch grosse US-amerikanische Investmentmanager wenden sich der Region zu. Neuberger Berman hat vor kurzem ein Büro in Stockholm eröffnet, während Nuveen die Präsenz in Skandinavien durch ein neues Büro in Kopenhagen verstärkte.

JPMorgan verlagert eigenen Angaben zufolge Banker in die nordische Region. Die US-Bank möchte auch Mitarbeiter einstellen, um im Bereich sehr vermögende Kunden zu expandieren und mehr Investmentbanking zu betreiben. Goldman Sachs, die bereits eine skandinavische Basis in Stockholm hat, wird im April ein Büro in Kopenhagen eröffnen und startet dort mit rund 10 Mitarbeitern.

Vor Ort

Insbesondere Pensionsfonds sind verzweifelt auf der Suche nach Anlageideen, da die anhaltenden Negativzinsen und hohe Aktienbewertungen die Branche in zunehmend risikoreiche Segmente des Vermögensmarktes treiben. Viele setzen mehr denn je auf sogenannte alternative Anlagen, die in der Regel illiquide und schwer zu bewerten sind.

Skandinavisches Vermögen

Die Region konnte Vermögen anhäufen, obwohl sie eine der weltweit höchsten Steuerbelastungen hat. Sie weist auch mit die geringsten Unterschiede zwischen reich und nicht so reich auf. In den Ranglisten zum BIP pro Kopf belegen die Länder weltweit die vorderen Plätze.

Die Banken und Vermögensverwalter, mit denen Bloomberg sprach, verwiesen auch auf das stabile politische und aufsichtsrechtliche Umfeld der Region. Des weiteren nannten sie eine Unternehmenslandschaft, in der ein erheblicher Appetit auf Anleiheemissionen sowie Fusionen und Übernahmen besteht.

BNP, die in den skandinavischen Ländern rund 800 Mitarbeiter beschäftigt, hat in den letzten anderthalb Jahren mehrere Dutzend Mitarbeiter eingestellt. Die Bank möchte sich auf „Bereiche konzentrieren, in denen wir weniger bekannt sind, wie M&A, Investmentbanking und Aktienmärkte“, sagt Winter. “Wir sind keine Banker, die nur für Geschäfte einfliegen.”

Jährliches Wachstum 

Der in New York ansässige Investmentmanager Neuberger Berman verzeichnete seit 2005 ein jährliches Wachstum seines Geschäfts in der nordeuropäischen Region von mehr als 50 Prozent. Er erreichte dies über Banker, die in die Region einflogen, hat aber jetzt entschieden, dass er ein Büro in der schwedischen Hauptstadt braucht.

“Letztlich müssen wir auch eine Vertretung vor Ort haben und nicht nur von einer Hotelrezeption oder einer Hotellobby aus agieren”, sagt Mark Oestergaard, Leiter Nordeuropa. “Das soll den Kunden signalisieren, dass wir nicht nur für einen kurzen Moment in der Investmentbranche hier sind, sondern langfristig.“

Nordeuropäische Banken schrumpfen

Es ist auch erwähnenswert, dass ungefähr ein Drittel der skandinavischen Unternehmenstransaktionen einen Käufer ausserhalb der Region beinhalten und dieser Käufer in den meisten Fällen seine eigenen Banken mitbringt.

Laut Nordic Knowledge Partners ist die Zahl bei Private-Equity-Transaktionen sogar noch höher.

“Je mehr ausländisches Interesse am Markt besteht, desto höher ist der Anteil der globalen Banken”, sagt Andreas von Buchwald, Chief Executive Officer von NKP. “Normalerweise möchten Käufer ihre Goldman Sachs, anstatt sich ausschliesslich auf lokale Banken zu verlassen.”

Marktanteile verteidigen

Derzeit befinden sich einige der grössten nordeuropäischen Banken mitten in umfassenden Kostensenkungsprogrammen, die sich auf die Mitarbeiteranzahl auswirken. Sie sind jedoch sehr darum bemüht, mit den vorhandenen Ressourcen ihr Geschäft zu verteidigen.

Nordea plant, die Vermögensverwaltung durch eine Verdoppelung der Zuflüsse aus Pensionsfonds zu verstärken, sagt Snorre Storset, Leiter der Vermögensverwaltung. Er hat für das Wachstum auch das Privatbankensgeschäft im Visier, verweist jedoch auf den „harten Wettbewerb“, da „andere ebenfalls sehen, dass dies sehr attraktiv ist“.

Platz für alle

Danske möchte “zeigen, dass wir eine Bank sind, die sowohl solide Anlageberatung bietet als auch klare und relevante Perspektiven für die finanziellen Möglichkeiten der Kunden angesichts ihrer individuellen Situation”, sagt John Poulsen, Leiter Investments bei Danske.

Aber laut Kristiina Hirva, einer in Helsinki ansässigen Anwältin bei DLA Piper, sehen sich internationale Banken, die die skandinavischen Länder im Visier haben, nur wenigen Hindernissen gegenüber.

“Es gibt viele Immobilientransaktionen, viele M&A-Transaktionen”, sagt Hirva, deren Arbeitgeber in den nordischen Ländern expandiert hat und jetzt allein dort 450 Anwälte beschäftigt. “Zumindest im Moment scheint Platz für alle da zu sein”, sagt sie. Und dazu gehören auch neue Anbieter am Markt.

(Bloomberg)