Immer mehr Anbieter von Exchange Traded Funds (ETF) gehen dazu über, nicht mehr auf die herkömmlichen Börsenindizes zu setzen - allerdings nicht immer zum Vorteil der privaten Anlegern. Getrieben wird die Branchenentwicklung durch den zunehmenden Preis- und Konkurrenzdruck. 

ETF-Schmieden wie beispielsweise Invesco setzen deshalb immer mehr auf alternative Benchmarks, die eine andere Strategie verfolgen. Hoch im Trend sind aktuell die so genannten fundamental gewichteten Indizes. Die Gewichtungskriterien sind nicht Börsenkapitalisierungen, sondern Fundamentaldaten wie Cash Flow, Buchwert oder Dividende. "Ein solcher Index bildet die tatsächliche ökonomische Realität ab", sagt im cash-Video-Interview Thibaud de Cherisey, der bei Invesco das europäische ETF-Team leitet.

Herkömmliche Indizes, die nach der Marktkapitalisierung der einzelnen Unternehmen gewichtet werden, seien zu oft fehlgeleitet von falschen Einschätzungen der Investoren und kurzfristigem Shareholder-Denken. Dazu kommen Klumpenrisiken wie beim SMI, bei dem die drei defensiven Schwergewichte Roche, Novartis und Nestle alleine gegen 60 Prozent des 20 Aktien umfassenden Index' ausmachen. 

In der Schweiz bislang noch kein Erfolg

ETF-Produkte auf alternative Indizes sollen hingegen dem Investor höhere Renditen bringen, weil diese unterbewertete Titel über- und teuer gewordene Aktien untergewichtet. Was in der Theorie plausibel klingt, ist indes in der Praxis mit einem erheblichen Makel behaftet. Die bislang erzielte Performance ist nicht eingetroffen - zumindest in der Schweiz. 

 "Ausgerechnet beim Swiss Market Index hat dieses Konzept vorläufig noch nicht reüssiert", wendet de Cherisey im Gespräch mit cash ein. So hat in den letzten dreieinhalb Jahren der SMI um 35,5 Prozent zugelegt, der ETF von Invesco auf den fundamental gewichteten FTSE RAFI Switzerland hingegen nur 23,8 Prozent. 

De Cherisey führt diese Differenz darauf zurück, dass die veränderte Sektorgewichtung vorläufig noch keine Zusatzrendite eingebracht hat. In der Regel werden im FTSE RAFI Switzerland, der derzeit 35 Schweizer Titel beinhaltet, unterbewertete Aktien übergewichtet und überbewertete Titel weniger stark gewichtet. In diesem Jahr setzt der Index breit auf die von der Finanz- und Schuldenkrise arg gebeutelten Finanztitel, die den Index besser performen lassen sollen als der Benchmark. 

In Zahlen ausgedrückt: Die drei Schwergewichte machen im ETF von Invesco noch einen Anteil von 43 anstelle von 60 Prozent aus. Dafür ist die Gewichtung der beiden Grossbanken-Aktien Credit Suisse und UBS von 8,7 Prozent im SMI auf über 15 Prozent im fundamental orientierten Index gestiegen.

Noch viel Aufklärungsbedarf nötig

De Cherisey ist trotz den ernüchternden Performance-Zahlen von seinem Konzept nach wie vor überzeugt. "Wir glauben, dass die von uns übergewichteten Finanztitel in der Schweiz ein überdurchschnittliches Kurspotenzial haben", sagt er, "vor allem in den kommenden Monaten, wenn die Dynamik der Rally allmählich abebben wird." Dann würde der Schweizer ETF aus der RAFI-Familie auch tatsächlich den SMI überflügeln, so de Cherisey weiter. 

Allerdings ist das passive Investieren in diese fundamental orientierten Indizes noch nicht zum grossen Kassenschlager geworden. In ganz Europa ist die Marktdurchdringung dieser Produkte noch verschwindend klein. Selbstkritisch sagt de Cherisey: "Wir müssen noch viele Anstrengungen unternehmen, um das Produkt bei den Anlegern bekannt und verständlich zu machen."


Im Video-Interview äussert sich de Cherisey ausführlicher zum Konzept der alternativen Börsenindizes.

Das Interview wurde am Mittwoch m Rande der ETF Conference in Zürich geführt.