Schon am 8. August sickerten erste Informationen wegen einer Sulzer-Fusion durch. Damals hiess es, Dresser-Rand habe Morgan Stanley hinzugezogen, um sich auf ein mögliches Übernahmeangebot vorzubereiten. Neben dem grossen deutschen Firmenkonglomerat Siemens wurde auch Sulzer ein Interesse am amerikanischen Zulieferer für die Öl- und Gasindustrie nachgesagt.

Am späten Mittwochnachmittag bestätigte das Winterthurer Traditionsunternehmen erstmals "nicht-exklusive Fusionsgespräche" mit den Entscheidungsträgern von Dresser-Rand. Während die Sulzer-Aktie vor Handelsaussetzung um 1,7 Prozent auf 125,80 Franken kletterte, haussierte jene des amerikanischen Mitbewerbers um 7,3 Prozent auf 72,81 Dollar.

Zur Stunde reagiert die Aktie von Sulzer an der Schweizer Börse SIX mit einem Kurssprung von 7,6 Prozent auf 135,30 Franken. Noch in der ersten Handelsstunde sorgten von Panik geprägte Deckungskäufe für ein Tageshoch von 138,40 Franken.

Strategisch betrachtet überwiegen die Vorteile

Positive Worte für den Merger findet der für Helvea tätige Analyst. Er sieht durchaus Sinn in einem Zusammenschluss der beiden Unternehmen. Sowohl Sulzer als auch Dresser-Rand seien auf ähnliche, wenn nicht gleiche Absatzmärkte ausgerichtet. Das Produktangebot ergänze sich gut, und auch beim Geschäftsmodell gebe es Ähnlichkeiten. Durch einen Zusammenschluss könne das Potenzial im Servicegeschäft besser ausgeschöpft werden. Darüber hinaus rechnet der Analyst mit Steuervorteilen sowie mit Umsatz- und Kostensynergien.

Aufgrund des Interesses seitens des finanzkräftigeren Rivalen Siemens sei Sulzer in diesem Rennen aber im Nachteil. Die Bewertung von Dresser-Rand sei im Zuge von Übernahmespekulationen bereits gestiegen, und die Aktionäre des amerikanischen Unternehmens könnten einer Barofferte von Siemens den Vorzug geben.

Aktienrückkauf würde mehr Aktionärswerte schaffen

Bei Helvea wird die Sulzer-Aktie schon seit längerer Zeit zum Kauf empfohlen. Das Kursziel wird mit 150 Franken angegeben.

Deutlich kritischer gibt man sich bei der Credit Suisse. Der für die Grossbank tätige Analyst glaubt, dass die Aktionäre von Dresser-Rand bei einer Einigung mehr als 50 Prozent des neu entstehenden Unternehmens kontrollieren würden. Ein Zusammenschluss der beiden Firmen mache aus strategischer Sicht zweifelsohne Sinn. Finanziell betrachtet hege er jedoch gewisse Zweifel, so der viel beachtete Analyst.

Was hat Grossaktionär Vekselberg vor?

Mit einem Aktienrückkauf im Umfang von 800 Millionen Franken sei es Sulzer dagegen möglich, eine Gewinnverdichtung von mehr als 18 Prozent zu erzielen. Die Kostensynergien zwischen den beiden Unternehmen beziffert der Analyst hingegen auf gerademal 13 Prozent - mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 bis 40 Prozent, dass diese Synergien auch wirklich voll ausgeschöpft werden. Er hält deshalb an der "Underperform" lautenden Verkaufsempfehlung sowie am tiefen Kursziel von 98 Franken für die Aktie der Winterthurer fest.

Ein gewichtiges Wort wird Grossaktionär Viktor Vekselberg haben. Er kontrolliert bei Sulzer über seine Beteiligungsgesellschaft rund 31 Prozent der Stimmen. Händlern zufolge lag der Einstand des russischen Milliardärs in der Region von 180 Franken pro Titel. Ein grosses Geschäft wäre ein Zusammenschluss von Sulzer mit Dresser-Rand vermutlich nicht. Ein umfassendes Aktienrückkaufprogramm wäre wohl auch in seinem Fall die attraktivere Lösung, um der schon seit Monaten zu beobachtenden Kursflaute entschieden entgegenzutreten.

Fairer Wert für die Sulzer-Aktie könnte auf 197 Franken steigen

Bei der Zürcher Kantonalbank ist von industrieller Logik für ein solches Zusammengehen die Rede. Obwohl der Ausgang der Gespräche noch offen seien und Austauschverhältnisse, Synergien und ähnliches nicht bekannt seien, reagiere die mit "Marktgewichten" eingestufte Aktie positiv auf die Neuigkeiten.

Der für Vontobel tätige Analyst bezeichnet den sich abzeichnenden Zusammenschluss als die "perfekte Ehe". Aus Sektorsicht erscheine die Transaktion sehr sinnvoll, würde sie den Unternehmen doch erlauben, ihre Schlüsseltechnologien in der Öl- und Gasindustrie gemeinsam zu vertreiben. Der Analyst kommt bei optimistischer Betrachtung auf einen fairen Wert von bis zu 197 Franken für die Sulzer-Aktie. Noch stuft er diese aber nur mit "Hold" und einem Kursziel von 135 Franken ein.