Es ist wieder GV-Zeit in der Schweiz. Im Tagesrhythmus laden Unternehmen zwischen Genf und Rapperswil-Jona ihre Aktionäre zur Generalversammlung ein (hier gehts zur Übersicht). Der Verwaltungsratspräsident lässt dort über Themen wie Dividendenhöhe, Löhne, Boni oder verschiedene Personalien abstimmen. Die Aktionäre ihrerseits können ihre Meinung in einem Votum kundtun oder schlicht die Vorzüge der kostenlosen Verpflegung geniessen.

Die Macht der Kleinaktionäre ist zwar begrenzt, weil ihre Stimmen bei den GV-Abstimmungen in aller Regel nicht ausschlaggebend sind. Entscheidend sind vielmehr die Grossaktionäre und Institutionellen Investoren wie Pensionskassen, die sich praktisch ausnahmslos an die Vorschläge des Verwaltungsrates halten. Und doch kommt es wiederholt zu denkwürdigen Szenen und Abstimmungsresultaten, die dem Management in Erinnerung bleiben.

Christophe Volonté von der Ratingagentur Inrate stellt immer wieder fest, dass bei Unternehmen mit Grossaktionären die Minderheitsaktionäre eher wenig relevant sind. "Es scheint vergessen zu werden, dass auch diese Kapital beisteuern. Bei Unternehmen mit Mehrfachaktien sogar oft mehr als die Grossaktionäre", schreibt er auf Anfrage. Beispiele von Schweizer Aktien mit zweifachen Listings sind Lindt&Sprüngli (GV am 03.05.), Roche (13.03.), Schindler (20.03.) und Swatch (24.05.).

Einmal mehr Sika

Absehbar ist bereits, dass die Generalversammlung von Sika am 17. April ein weiteres Mal zum Show-Down wird. Zum mittlerweile vierten Mal wird der Aktionärsanlass vom Streit zwischen den Gründererben und dem Verwaltungsrat geprägt sein.

Die Familienaktionäre, die ihr Paket seit Jahren an den französischen Saint-Gobain-Konzern verkaufen wollen, haben mehrere Anträge eingereicht: Sie wollen eine Sonderprüfung der Verwaltungsrätin Monika Ribar und die Wahl eines von ihnen bestimmten Verwaltungsrats. Das Aufsichtsgremium hat diesen Anträgen bereits eine Abfuhr erteilt.

Die Zahl von Anträgen, die nicht angenommen werden, ist immer noch tief. Aber die durchschnittliche Zustimmung nimmt ab, wie der Stimmrechtsberater Ethos ermittelt hat. In der GV-Saison 2017 wurden 14 Prozent der Anträge mit weniger als 90 Prozent angenommen, gegenüber 12 Prozent im Jahr davor. Die Mentalität ändert sich, auch bei institutionellen Anlegern: Die Zeiten, wo Anträge "blind" angenommen und danach die Dividenden dankbar entgegengenommen wurden, sind laut Ethos vorbei.

CEO-Löhne stagnieren

Zu regelmässigen Diskussionen führen auch die Vergütungen. Mit Blick auf die ABB-GV vom 29. März moniert Actares, eine Aktionärsvereinigung für nachhaltiges Wirtschaften, über Vergütungen könne nur pauschal abgestimmt werden. Actares lehnt deshalb die Bezüge des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung von ABB ab.

Zu Wortgefechten dürfte es auch an der DKSH-GV von heute Donnerstag kommen. Es geht dabei um die Entlöhnung des früheren CEO und jetzigen Verwaltungsratspräsidenten Jörg Wolle, der laut Medienberichten einen Extralohn für die Einarbeitung seines Nachfolgers bezogen haben soll. Diverse Aktionäre wie Ethos oder die Ratingagentur Inrate dürften die Vergütung ablehnen.

Seit Annahme der Minder-Initiative ("gegen die Abzockerei") sind zügellose Vergütungen in der Grössenordnung von Novartis-CEO Daniel Vasella zwar weitgehend verschwunden. Die durchschnittlichen CEO-Saläre von grossen börsenkotierten Unternehmen sind in den letzten Jahren aber auf hohem Niveau stabil geblieben.

Die Chefs der SMI-Firmen verdienten 2017 laut dem Beratungsunternehmen HCM im Schnitt 8,2 Millionen Franken und damit so viel wie im Vorjahr. Spitzenverdiener unter den SMI-Unternehmen ist laut Ethos wohl Roche-Chef Severin Schwan, der im letzten Jahr 15,1 Millionen Franken verdient hat, wenn man seine aktienbasierte Vergütung zum Marktwert verrechnet.

Und was ist mit der Verpflegung?

Eine Ausnahme stellt diesbezüglich Swiss-Re-Chef Christian Mumenthaler dar: Er bezog 1,02 Millionen weniger Lohn (neu 5,23 Millionen), während seine Aktie als einzige im SMI negativ war. Für Christophe Volonté von der Ratingagentur Inrate ist bei der Vergütung entscheidend, dass eine Vergütung "transparent und vernünftig" ist und zudem ein Zusammenhang zwischen Performance und Entlöhnung erkennbar ist.

Über die mangelhafte Performance an der Börse könnten sich die Anleger an den Generalversammlungen bei Adecco, UBS, Zurich, LafargeHolcim und Swiss Re beschweren. Im Vergleich zum SMI haben sich all diese Aktien im zurückliegenden Börsenjahr unterdurchschnittlich entwickelt – bei den Cheflöhnen zeigten sich aber keine Bremsspuren.

Verpflegung und kleine Geschenke gehören ebenfalls zum GV-Programm. Diese sind den Stimmrechtsberatern zwar keine Notiz wert, stehen aber bei vielen Aktionären hoch im Kurs. Legendär waren diesbezüglich jeweils die Redemeldungen des mittlerweile verstorbenen Kleinaktionärs Hermann Struchen. In einem Interview mit cash sagte er einst: "Bei der ABB ist das Essen noch heute nicht gut. Dort gibts nur Kaffee mit Gipfeli, Blööterli-Wasser und vielleicht noch ein Schoggi-Stängeli."

GV-Termine der SMI-Unternehmen 2018

GesellschaftDatum GVDatum Zahlung
Dividende
Dividende 2017
ABB29. März6. April0,78 Franken
Adecco19. April27. April2,50 Franken
Credit Suisse27. April4. Mai0,25 Franken
Geberit4. April10. April10,40 Franken
Givaudan22. März28. März58 Franken
Julius Bär11. April17. April1,40 Franken
LafargeHolcim8. Mai16. Mai2 Franken
Lonza4. Mai8. Mai2,75 Franken
Nestlé12. April16. April2,35 Franken
Sika17. April19. April111 Franken
Swiss Life24. April30. April13,50 Franken
Swiss Re20. April26. April5 Franken
Swisscom4. April10. April22 Franken
Swatch24.Mai30. Mai7,50 Franken
UBS3. Mai9. Mai0,65 Franken
Zurich4. April10. April18 Franken

Angaben: cash.ch / Information der Gesellschaften