Der Swiss Performance Index (SPI) spürt den Frühling. Derzeit notiert er bei 9200 Punkten auf einem Allzeithoch und hat damit nicht nur den eigenen Stand vor der Mindestkursaufhebung (9147 Punkte), sondern kurzfristig auch den Swiss Market Index (SMI) überflügelt (9164 Punkte). Bemerkenswert, auch wenn SPI und SMI nur bedingt vergleichbar sind.

Die etwas über 200 im SPI enthaltenen Aktien und die Börsenhausse haben den breit gefassten Index nach oben schnellen lassen. Viele Aktien haben dadurch eine höhere Bewertung erfahren. Günstiger bewertete Titel haben bei weiter ansteigenden Börsen jedoch mehr Potenzial. Doch aufgepasst: Höhere Gewinnchancen haben immer auch eine Kehrseite - ein höheres Risiko. Nicht umsonst fristen diese Aktien ein Mauerblümchendasein und sind deshalb günstiger.

Bloss: Welche Aktie ist günstig, welche teuer? Hier ist eine Fundamentalanalyse empfehlenswert. Dazu können verschiedene Investorenkennzahlen konsultiert werden. Zwei der gängigsten sind: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV).

Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Beim KGV, der wohl bekanntesten Kennzahl der Aktienanalyse, wird der aktuelle Aktienkurs eines Unternehmens durch den (erwarteten) Gewinn pro Aktie geteilt. Die daraus resultierende Kennzahl gibt an, mit dem wie vielfachen des auf die Aktie entfallenden Gewinns eine Aktie derzeit bewertet wird. Ein Beispiel: Das errechnete KGV einer Aktie liegt bei vier. Das bedeutet, dass der Titel mit dem vierfachen Jahresgewinn an der Börse gehandelt wird.

Anhand des KGV sind Aussagen zur Preiswürdigkeit einer Aktie möglich. Ist die Kennzahl im Vergleich zu anderen Aktien tief, handelt es sich um eine verhältnismässig günstige Aktie. Im umgekehrten Fall steht eine hohe Kennzahl für eine teure Aktie. Aber: Wachstumswerte können trotz hohem KGV kaufenswert sein. Früher galten Aktien mit einem KGV unter 10 als günstig bewertet. Die Messlatte liegt nach dem jahrelangen Kursanstieg nun aber etwas höher. Und das KGV ist von Branche zu Branche verschieden.

Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)

Das KBV zeigt den aktuellen Aktienkurs dividiert durch den Buchwert der Aktie. Diese Zahl besagt, zum wie vielfachen des Buchwertes eine Aktie an der Börse gehandelt wird. Um den Buchwert zu erhalten, wird das Eigenkapital durch die Anzahl Aktien dividiert. Die Aktie soll gemäss dieser Kennzahl umso preiswerter sein, je niedriger das KBV ist.

Ein KBV unter eins kann darauf hindeuten, dass die Substanz eines Unternehmens nicht angemessen bewertet wird. Muss aber nicht. Denn: Ganz so leicht ist die Interpretation dieser Kennzahl leider nicht. Ein Wert unter eins kann auch bedeuten, dass in der Zukunft ein Verlust erwartet wird, da Verlusterwartungen in den aktuellen Aktienkurs bereits eingepreist sind und das KBV so nach unten drücken.

Ausgehend von diesen Kennzahlen hat cash die im SPI kotierten Titel verglichen und zehn besonders preiswerte Titel herausgepickt (siehe auch Tabelle unten):

BKW

Die Kraftwerkgesellschaft und Grossverteilerin für Elektrizität mit Sitz in Bern überrascht mit dem tiefsten KGV und auch KBV im breiten Schweizer Markt. Im vergangenen Jahr konnte die BKW das operative Ergebnis (plus 10 Prozent) und den Reingewinn (plus 75 Prozent) deutlich steigern.  An der Börse hat der Titel in den letzten vier Wochen um über acht Prozent zugelegt. Dennoch: Die ganze Strombranche leidet unter den tiefen Preisen, die BKW-Aktie ist somit nur risikofähigen Anlegern zu empfehlen. Einen "Push" könnte die Aktie bei einer Dividendenerhöhung erfahren. Die Jahresresultate werden am 19. März veröffentlicht. 

Banque Cantonale de Genève

Die Genfer Kantonalbank (BCGE) hat im Geschäftsjahr 2014 erneut einen Reingewinn auf Rekordniveau erzielt. Die Aktionäre profitieren über eine Dividendenerhöhung von dem Ergebnis. Das Staatsinstitut vermeldet zudem den Ausstieg aus dem US-Steuerprogramm, an dem es bisher in der "Kategorie 2" mitgemacht hat. Diese guten Nachrichten liessen den Aktienkurs der Bank in der letzten Februarwoche um sieben Prozent ansteigen. 

Swiss Life

Versicherungsaktien fallen seit Jahren generell mit einem tiefen KGV auf. Ein Grund ist der gesättigte Schweizer markt. Auch Swiss Life hat seit längerem ein tiefes KGV. Der grösste Lebensversicherungskonzern der Schweiz mit Sitz in Zürich zeigte sich robust gegen die Mindestkursauflösung. Um trotz Negativzinsen die Rendite zu sichern, will die Swiss Life verstärkt auf das Immobiliengeschäft setzen. Die Aktie notiert derzeit bei 241 Franken. Die Analystenmeinungen über das Kursziel 2015 gehen stark auseinander. Die Werte reichen von 208 bis 270 Franken.

Bank Coop

Die Bank Coop, Tochtergesellschaft der Basler Kantonalbank, fiel im letzten Jahr negativ auf durch die Absetzung des CEO, der verantwortlich war für eine unerlaubte Manipulierung des Bank-Coop-Aktienkurses. Der Aktienkurs zeigt sich nach der rasanten, jahrelangen Talfahrt seit fast einem Jahr auf tieferem Niveau volatil, tendiert seit Anfang Jahr jedoch nicht in eine klare Richtung (plus 1 Prozent). Die Bank erwartet in den nächsten Jahren eine niedrigere operative Profitabilität, wie sie vor Monatsfrist bekanntgab. Anleger, die bei Bank Coop investieren, müssen darauf hoffen, dass die Aktie die Talsohle durchschritten hat. 

Vaudoise Assurances

Die Westschweizer Versicherungsgesellschaft Vaudoise Assurances mit Sitz in Lausanne ist auf nationaler Ebene tätig. Der Versicherer will derzeit seine Präsenz in der Deutschschweiz mit einem Ausbau der Verkaufsorganisation verstärken. Der Kurs hat seit einem Jahr bereits gewaltig zugelegt (plus 22 Prozent). Der mächtige Mehrheitsaktionär von Vaudoise (über 90 Prozent der Stimmen) verhindert Übernahmefantasien.

Bell

Der Fleischverarbeiter hat 2014 mehr verdient als im Vorjahr und stellt den Aktionären eine höhere Dividende in Aussicht. Wegen der Aufhebung des Euro-Mindestkurses rechnet das Unternehmen mit einer Zunahme des Einkaufstourismus, schätzt aber den direkten Einfluss auf das Ergebnis als vernachlässigbar ein. In Deutschland soll 2015 die Gewinnschwelle erreicht werden. Bell Schweiz kämpft in einem gesättigten Markt, der Erfolg im Ausland ist daher für die weitere Entwicklung entscheidend. Bell wurde vom deutschen Kartellamt im Juli 2014 wegen Preisabsprachen zu einer Busse von 100 Millionen Euro verdonnert. Das Verfahren ist noch hängig. Seit Anfang Jahr hat der Titel an der Börse zwar knapp zwei Prozent verloren.  Analysten der Bank Vontobel sehen jedoch noch Potenzial nach oben: Ihr Kursziel 2015 für die Aktie liegt bei 2600 Franken. Derzeit bewegt sich der Titel um die 2400 Franken herum, das Aufwärtspotenzial scheint limitiert.

Swiss Re

Der Rückversicherer Swiss Re - auch er erscheint seit Jahren in den Listen mit tiefen KGV - hat im Jahr 2014 einen Gewinnrückgang erlitten. Die Aktionäre profitieren trotzdem von einer weiterhin hohen Dividende, während zusätzliches Kapital über ein Aktienrückkaufprogramm an die Anleger zurückgeführt werden soll. Auch in Zukunft will die Gruppe in jene Geschäftsfelder investieren, die ansprechende Renditen versprechen. Ob der Titel jedoch noch viel Potential nach oben hat, ist fraglich. Derzeit liegt er bei 92 Franken. Das Kursziel 2015 der Analysten reicht von 70 bis 93 Franken.

Tamedia

Der Züricher Medienkonzern hat sich bei Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr gesteigert. Vor allem das Digitalgeschäft lief gut. Die Dividende wird von 4 auf 4,50 Franken erhöht. Jüngst machte Tamedia mit den Übernahmen von Ricardo.ch, Tutti.ch und Car4you.ch auf sich aufmerksam. In den letzten fünf Wochen legte der Titel gegen 40 Prozent zu. Wer jetzt noch aufspringt, geht ein Risiko ein.

Autoneum

Als der Textilmaschinenkonzern Rieter seine Autosparte im April 2011 an die Börse brachte, war Autoneum ein Turnaround-Fall. Obwohl der Aktienkurs nach einer anfänglichen Schwächephase seit 2013 massiv angezogen hat, blieb die Aktie dividendentechnisch wenig interessant. Mit dem Resultat 2014 hat Autoneum nun die Dividende massiv erhöht: Von 1,30 Franken auf 4,50 Franken. Auch der Autoneum-Titel startete gut ins Jahr: Zunahme um 16 Prozent.

Bâloise

Der Versicherer aus Basel beschäftigt insgesamt rund 8000 Mitarbeiter. Das KGV von 14 ist zwar tief, aber nur scheinbar. Denn in der Branche liegt Bâloise mit seinem KGV über dem Schnitt. Grund dafür sind die Erwartungen an das Jahresresultat, das einen Spitzenwert erreichen soll. CEO Martin Strobel versprach eine "attraktive Dividende". Seit Juni 2012 hat sich die Aktie mehr als verdoppelt.

Aktie KGV 2015 KBV Perf. 2015, in %
BKW 8,9 0,6 +5
BCGE 9,5 0,7 +6
Swiss Life 9,5 0,6 +2
Bank Coop 9,6 0,6 +1
Vaudoise Assurances 9,9 1,0 +6
Bell 10,4 1,2 -2
Swiss Re 11,1 0,9 +10
Tamedia 11,3 1,5 +35
Autoneum 13,0 2,9 +16
Bâloise 13,9 1,2 +3

Quelle: cash.ch/Banken, Stand: 16. März 2015