Gold durchlebt zurzeit alles andere als eine glänzende Zeit. Das Edelmetall hat in diesem Jahr bereits 23 Prozent an Wert verloren – im Juli wurde gar ein Drei-Jahrestief erreicht. Allein zwischen Mitte März und Mitte April büsste Gold 16 Prozent ein. Und kurz nach der Überraschung vom Donnerstag, als die EZB den Leitzins auf das Rekordtief von 0,25 Prozent senkte, stürzte der Goldpreis von 1325 Dollar umgehend 2 Prozent.

Noch schlimmer ging es mit Gold am Freitag weiter: Im Anschluss an die amerikanischen Arbeitsmarktdaten sackte der Preis für das Edelmetall unter die Marke von 1300 Dollar. All dies, nachdem Gold auf eine 12 Jahre dauernde Rally zurückblicken kann, in der es sich um 450 Prozent verteuert hatte. Nun droht der erste Jahresverlust seit 2000.

"Der plötzliche Preissturz und die schlechte Performance sind eine grosse Überraschung", sagt Davis Hall, Edelmetall- und Währungsexperte bei der Crédit Agricole Private Bank, im cash-Video-Interview. Als Grund für die Abwertung des Goldes sieht er die Aussicht auf ein Eindämmen der Geldflut durch die US-Notenbank Fed. "In diesem Jahr hatten wir eine wichtige psychologische Veränderung, als Ben Bernanke voreilig von höheren Zinsen und 'Tapering' sprach", so Hall.

Einsteigen bei 1100 bis 1200 Dollar

An eine rasche Erholung glaubt Hall indes nicht, auch wenn er dem Gold auf lange Frist einen Wert von 2000 Dollar zutraut. Aber vorerst "wird Gold Mühe haben, die Marke von 1480 Dollar zu durchbrechen", so Hall. Er empfiehlt denn auch erst einen Einstieg bei einem Wert zwischen 1100 und 1200 Dollar.

Halls Fazit aus dem rekordtiefen Goldkurs: "Gold ist nicht der sichere Hafen, der es sein müsste. Tatsächlich sollte Gold eine schockabsorbierende Wirkung für negative, volatile Märkte haben." Weil Gold diese Rolle verloren habe, glaubt Hall, dass der Dollar nun zum sicheren Hafen werden könne.

Hall ist mit seiner Haltung nicht alleine. Auch mehrere Banken wie Morgan Stanley, die CS oder Goldman Sachs raten zurzeit: "Finger weg vom Gold". Die Banken argumentieren damit, dass die wirtschaftliche Aktivität in den USA weiter zunehmen werde. Und das bevorstehende "Tapering" der amerikanischen Zentralbank werde Gold als Inflationsschutz weniger attraktiv machen, nachdem es in den letzten Jahren von der massiven Liquiditätsflut profitiert hatte.

Die abgenommene Attraktivität von Gold ist auch in Indien sichtbar – dem weltweit grössten Importeur von Gold. Indien hat im vergangenen August die geringste Menge an Gold seit einem Jahrzehnt eingeführt.

Im cash-Video-Interview sagt Davis Hall zudem, was die Gold-Schwäche für die Minen bedeutet.