"Es gibt keine Strategie-Diskussion, es geht um die Umsetzung", erklärte Lehmann am Montag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Die zweitgrösste Schweizer Bank wolle sich auf die Vermögensverwaltung sowie das Geschäft im Heimmarkt konzentrieren und Kapital aus der Investmentbank abziehen. "In den kommenden Jahren wird man die Strategie regelmässig überprüfen, aber im Moment ist das überhaupt kein Thema."

Horta-Osorio war nach Medienberichten über Quarantäne-Verstössen und einer internen Untersuchung nach nur wenigen Monaten im Amt überraschend als Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse in der Nacht zu Montag zurückgetreten. Lehmann wolle die Bank nach zahlreichen Skandalen nun in ruhigere Gewässer führen. Der Risiko-Steuerung und der persönlichen Verantwortlichkeit werde er eine grosse Bedeutung beimessen, sagte der 1959 geborene Schweizer, der zuvor Spitzenmanager beim Rivalen UBS und davor beim Versicherer Zurich war. Credit Suisse plane auch keine grösseren Veränderungen im Management. Thomas Gottstein bleibe Konzernchef. "Er ist zentral, dass wir die Transformation zusammen weiterführen können", sagte Lehmann.

Im Tagesgeschäft habe die Bank kaum Auswirkungen der Quarantäne-Diskussionen gespürt, sagte Lehman. Er rechne auch damit, dass der seit geraumer Zeit unter Druck stehende Aktienkurs wieder anziehe. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wenn wir die Strategie Schritt für Schritt umsetzen und sich die operative Performance verbessert, sich das Thema (des tiefen Aktienkurses) von selbst verflüchtigt." Dies werde Zeit brauchen. Das Institut müsse konsistent sein in dem was es mache, und sich auf die Ausführung und die Kunden konzentrieren. "Und dann wird über die Zeit sicherlich auch eine Erholung in allen Dimensionen - Reputation, aber sicher auch in der Bewertung der Firma - stattfinden."

Intensives Wochenende

Der Verwaltungsrat habe mit Unterstützung einer Schweizer und einer amerikanischen Kanzlei eine unabhängige Untersuchung der Quarantäne-Verletzungen Horta-Osorios in der Schweiz und in Grossbritannien vorgenommen, erläuterte Lehmann. Gegen Ende der vergangenen Woche seien die Berichte konsolidiert worden. Dabei habe die Bank auch in engem Kontakt mit der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma gestanden.

"Wir haben über das Wochenende intensivste Sitzungen gehabt mit kurzen und keinen Nächten und langen Arbeitstagen", sagte Lehmann. Horta-Osorio habe dabei mitgearbeitet. Über die Zeit habe sich verdichtet, dass es im besten Interesse für ihn, aber auch für die Bank sei, wenn er zurücktrete. "Dann haben wir im Verlauf des gestrigen Nachmittags und im Kontakt mit den Behörden und anderen Stakeholdern den Entscheid vorbereitet, der dann in dem Announcement kumulierte." Gleichzeitig sei seine Ernennung erfolgt. "Ich habe natürlich eine grosse Portion Respekt, aber auch eine grosse Portion Zuversicht für die nächsten Monate und für die nächsten Jahre für die Gruppe."

(Reuters)