Bisher organisierte die Gründerin deutschlandweit Malkurse mit Künstlern in Bars und Restaurant. "Wegen der Kontaktsperren mussten wir 3000 Events absagen und sind auf einen Schlag von einer Million Euro Umsatz im Monat auf null gefallen", sagt die 31-Jährige. Nun sollen die Kunden digital angeleitet ihre Pinsel zu Hause schwingen und so Artnight über die Krise retten.

Im Gegensatz zu anderen Startups hat Carstensen zumindest einen Plan, wie sie die aktuelle Durststrecke überstehen könnte. Vor allem Firmen, die in der Reisebranche oder Gastronomie tätig sind, trifft es hart. "Acht von zehn Startups fühlen sich in ihrer Existenz bedroht", sagt der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Startups, Christian Miele, der auch Partner beim Investor e.ventures ist.

Der Verband schätzt derzeit die Zahl der Jungfirmen in Deutschland auf 9000 mit insgesamt rund 150'000 Mitarbeitern. "Startups sind besonders von der Krise betroffen, da sie oft noch kein Geld verdienen und natürlich sehr schnell durch den Stillstand in die roten Zahlen rutschen", macht Ulrike Hinrichs, Chefin des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), klar.

Startups können Hilfen beantragen

Wegen der tiefgreifenden Krise, die Deutschland in eine Rezession stürzen dürfte, greift die Regierung nun auch Startups unter die Arme. Ähnlich wie Grosskonzerne können sie Hilfen aus dem Rettungsschirm beantragen. Der Mitgründer des Investors Project A, Uwe Horstmann, begrüsst dies: "Nur den Gürtel enger zu schnallen hilft bei Startups meistens nicht. Die meisten haben trotzdem keinen positiven Cashflow." Deswegen seien Jungfirmen in unsicheren Zeiten besonders anfällig.

"Gesunde Unternehmen sollten nicht unverschuldet scheitern. Ziel muss es sein, die Hilfen so zu steuern, dass sie bei den richtigen Startups landen", sagt der Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds, Alex von Frankenberg. Der Startup-Verband fordert unterdessen eine Erweitung der Hilfen vor allem für kleinere Startups.

Corona-Krise bringt viele neue Firmen finanziell in Bedrängnis

In den vergangenen Jahren hat sich Deutschland immer mehr den Ruf als Gründerland erworben. Im vergangenen Jahr konnten Startups laut den Beratern von EY mit 6,2 Milliarden Euro so viel frisches Kapital wie nie zuvor einsammeln. Firmen wie FlixMobility oder das Fintech N26 sind auch im Ausland bekannt.

Doch die Coronakrise wird viele neue Firmen finanziell von mehreren Seiten in Bedrängnis bringen. Neben fehlender Einnahmen müssen sie sich um ihre nächste Finanzierung sorgen. "Investoren sind stark verunsichert und halten ihr Geld zusammen. Deswegen dürfte es für Startups schwieriger werden, Finanzierungsrunden zu stemmen", sagt Frankenberg. Zudem nehme der Druck auf Bewertungen zu.

Christian Saller, Partner bei Holtzbrinck Ventures, ergänzt, die meisten Finanzierungen, die noch nicht unter Dach und Fach seien, lägen inzwischen auf Eis oder würden abgesagt. So erging es auch dem Kindermode-Versand Tausendkind, der kürzlich Insolvenz anmelden musste, weil ein Geldgeber seine Zusage für eine neue Runde doch noch zurückzog.

Die Suche nach Innovationen hält trotz Krise an

Frankenberg vom High-Tech Gründerfonds will trotz der Coronavirus-Pandemie im laufenden Jahr in 40 neue Startups investieren und rät zu Zuversicht: "Wir müssen immer im Hinterkopf haben, dass die Krise mit Sicherheit enden wird. Deswegen gilt es nun zum einen zu überleben und zum anderen, sich auf den auf die Krise folgenden Boom vorzubereiten." Einige dürften sogar jetzt profitieren.

Firmen aus den Bereichen Telemedizin, digitaler Bildung oder solche, die Softwarelösungen für das Home-Office anbieten, sind gefragt. "Das kann ein richtiger Katalysator sein", sagt Horstmann. Auf die Sprachlernplattform Preply scheint dies zuzutreffen. Die Zahl der gebuchten Unterrichtsstunden stieg zuletzt um mehr als 50 Prozent. Und das Unternehmen sicherte sich mitten in der Krise bei Investoren weitere zehn Millionen Euro.

(Reuters)