Banken an der Wall Street schicken seit Jahren ihre Vertriebsmitarbeiter aus, um Geschäft zu generieren und setzen gleichzeitig Controller ein, um den Vertrieb in Schach zu halten - auch wenn sie dadurch in gewissem Umfang Gewinne opfern.

Bei der Credit Suisse  gab man dem für Archegos Capital Management verantwortlichen Vertriebler am Swap-Desk eine neue Rolle: die Risikoüberwachung im Prime-Brokerage-Geschäft, so Personen mit Kenntnis der Angelegenheit. Die Swap-Wetten von Archegos sind mittlerweile kollabiert und hinterliessen bei der Credit Suisse Abschreibungsbedarf in Höhe von 4,4 Milliarden Franken.

Parshu Shah - dem zum Controller beförderten Vertriebler - wurde bislang kein Fehlverhalten vorgeworfen bezüglich der Geschäfte der Bank mit Archegos. Die Credit Suisse muss sich jedoch die Frage gefallen lassen, ob Manager zu sehr auf höhere Umsätze und zu wenig auf Risiken geschaut haben.

Laut einem internen Memo von Anfang dieses Monats gehört Shah zu einer Gruppe von Führungskräften, die nach dem Debakel um Archegos zurücktreten mussten.

Hintergrund-Abteilung steht im Rampenlicht

Das normalerweise hinter den Kulissen arbeitende Risikocontrolling steht nun ungewollt im Rampenlicht, nachdem in nur einem Monat zwei finanzielle Katastrophen über der Credit Suisse zusammenbrachen - Archegos und Greensill Capital. Anleger stellen sich die Frage, ob die Kontrollmechanismen der Bank ausreichen.

In den letzten Jahren vertrauten Vorstandschef Thomas Gottstein und sein Vorgänger Tidjane Thiam die Bereiche Risko und Compliance Lara Warner an, die nun ebenfalls abtritt. Sie forderte Manager in ihrer Abteilung auf, nicht nur an die Kapitalausstattung der Bank zu denken, sondern auch strategischen Prioritäten im Blick zu behalten, berichtete Bloomberg zuvor.

Der Wechsel aus dem Vertrieb in eine Funktion im Bereich Risikoüberwachung in kein typischer Schritt in einer Bank, kommt aber vor. Shah ist seit mehr als 20 Jahren bei der Bank und war einer der Mitarbeiter der Firma, welche die Beziehung zu Archegos pflegten, als der Fonds an Grösse zunahm.

Als Shah den Swap Desk verliess, endete seine Rolle im Vertrieb und er übernahm die neue Aufsichtsposition innerhalb des Prime Brokerages. Diese Aufgabe beinhaltete die Risikoüberwachung von Kunden einschliesslich Archegos. Laut einer Führungskraft der Credit Suisse, die darum bat, nicht identifiziert zu werden, wurde ein Mitglied aus Shahs Team angewiesen, Archegos Aktivitäten auf täglicher Basis zu überwachen.

Enormes Engagement

Die Prime-Brokerage-Risikogruppe war eines von mehreren Sicherheitsnetzen. Aber das enorme Engagement der Bank in Verbindung mit dem rasend schnellen Zusammenbruch von Archegos hinterliess am Ende nur ungläubige Manager, eine frustrierte Belegschaft und wütende Anleger.

2016 struktrierte die Credit Suisse, damals unter CEO Thiam, ihre Risikofunktionen um, wobei viele Mitarbeiter das Unternehmen verliessen. Das Risikokontrollzentrum wurde von New York nach Zürich verlegt. Seit dieser Umstrukturierung haben es Massnahmen zur Kostensenkung der Bank erschwert, die Ränge der Abteilung wieder angemessen zu besetzen, so eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

(Bloomberg/cash)