Das Anlagejahr 2015 neigt sich langsam dem Ende entgegen. Aber schon heute lässt sich festhalten, dass die Börsenentwicklung rund um den Globus weit hinter den hochgesteckten Erwartungen zurückgeblieben ist.

Das hat Folgen: Gerade die amerikanischen Banken geben sich im Hinblick auf das kommende Jahr ziemlich kleinlaut. Anleger müssen über die nächsten 12 Monate kleinere Brötchen backen, heisst es beispielsweise bei Goldman Sachs und J.P. Morgan.

Nicht länger nur Schlüsselkaufempfehlungen

Die Strategen von J.P. Morgan raten ihrer Kundschaft zwar weiterhin dazu, Aktien im Wertschriftenportfolio zu übergewichten. Erst vor wenigen Wochen sorgten sie jedoch für Schlagzeilen, als sie das Übergewicht bei Aktien auf den tiefsten Stand seit Beginn der Börsenhausse vom Frühjahr 2009 reduzierten.

Die Experten befürchten, dass amerikanische Notenbank bei den Leitzinsen zu lange gezögert hat und diese nun schneller als allgemein angenommen erhöhen muss. Gleichzeitig befinde sich die Bewertung, gemessen am Umsatz, auf einem absoluten Höchststand, und dies obwohl die Umsatzentwicklung der Firmen so gut wie noch nie sei. Darüber hinaus gebe es Anhaltspunkte für eine bevorstehende Margenverschlechterung, so die Strategen.

Im Ausblick auf das kommende Jahr wartet J.P. Morgan deshalb nicht nur mit 32 Schlüsselkaufempfehlungen, sondern auch mit 30 Aktien auf, welche Anleger besser meiden.

Kurspotenzial macht die amerikanische Grossbank bei Airbus Group, Peugeot, Deutsche Bank, HeidelbergCement, Adecco, Wärtsilä, DSM, Heineken, Nestlé, Carrefour, Inditex, Reckitt Benckiser, Elior, Moncler, BAT, Euronext, Eiffage, NN Group, Gerresheimer, Norsk Hydro, Neste Oil, Petrofac, Novartis, Land Securities, ArcelorMittal, Infineon, SAP, Vodafone, Royal Mail Group, IAG und Snam aus.

Mit einer eher enttäuschenden Kursentwicklung rechnet sie hingegen bei Rolls-Royce, Michelin, Handelsbanken, Tarkett, Securitas, ABB, BASF, Carlsberg, Danone, DIA, Hennes & Mauritz, Henkel, Dufry, Hermes International, Imperial Tobacco, Deutsche Börse, Fraport, Delta Lloyd, Wolters Kluwer, Getinge, Anglo American, Statoil, Petroleum Geo-Services, Sanofi, PSP Swiss Property, STMicroselectronics, Software AG, TeliaSonera, Air France-KLM und Veolia.

Französische Grossbank setzt auf Trends

Auch für die Berufskollegen von Exane BNP Paribas scheint klar: Wenn überhaupt, dann wird 2016 das letzte gute Börsenjahr. Die europäische Wirtschaft gewinne zwar an Fahrt, könne die Kombination aus steigenden Zinsen in Übersee und strukturell bedingten Problemen in den Schwellenländern allerdings bei weitem nicht wettmachen. Auch die vergleichsweise stolze Bewertung mache die Börsen rund um den Globus verletzbar, so die Strategen.

Daher setzen sie auf Aktien mit überdurchschnittlich guten Dividendenaussichten. Dazu zählen die Experten jene von Daimler, Michelin, Nokian Renkaat, Bankinter, KBC Group, BASF, Evonik, Azimut, Orion, Sanofi, Andritz, Bpost, Deutsche Post, Kone, Leoni, Metso, Randstad, Siemens, Delta Lloyd, Hannover Re, Sampo, Mediaset Espana, Prosieben Sat1, RTL Group, Telenet Group, Hugo Boss, Elisa, Freenet, Proximus, Lufthansa, Opap und Rubis.

Dasselbe gilt für Aktien von Unternehmen im Turnaroundprozess wie Rheinmetall, Lanxess, Bouygues, Leoni, ENI, Statoil, Casino, Alcatel-Lucent, Ericsson, STMicroelectronics und Hellenic Telecom.

Europa vor Aufholjagd auf die USA?

Kurspotenzial sehen die Strategen zudem bei Firmen mit einem hohen Umsatzbeitrag aus Europa. Dazu zählen HeidelbergCement, Saint Gobain, Assa Abloy, Geberit, Sika, CRH, Ferrovial, Bouygues, Eiffage, Vinci, Boskalis Westminster, Skanska, Vestas, Legrand, Nokia, Fresenius, Coloplast, Getinge, Smith & Nephew, Fraport, DSV, Abertis Infraestrcturas, ADP, Groupe Eurotunnel, Atlantia sowie Kühne+Nagel.

Die Experten der UBS Investmentbank blasen bei europäischen Aktien sogar zur Aufholjagd auf die amerikanische Leitbörse. Die Unternehmensgewinne seien diesseits des Atlantiks gedrückt und die Bewertung deutlich tiefer als in Übersee. Das gelte insbesondere für die Aktien konjunkturabhängiger Unternehmen mit guten Dividendenaussichten, so schreiben sie im Ausblick auf das kommende Jahr.

In diesem Zusammenhang werden BHP Billiton, Zurich Insurance Group, HSBC, Swedbank, Rio Tinto, Bpost, Edenred, SEB, BBVA, Allianz, Skanska, BAE Systems, Norsk Hydro, IMI, Siemens, Marks & Spencer, SKF, Schneider Electric, BMW, Generali, G4S, Volvo, Rolls-Royce, Adecco, Randstand sowie Nokia genannt.

Nachholbedarf auf vergleichbare amerikanische Konkurrenten macht man bei der UBS Investmentbank auch bei ENI, KPN, Bouygues, Vodafone, William Hill, Telefonica, Nokia, Credit Suisse, HeidelbergCement, Marks & Spencer, Enel, Tate & Lyle, Engie, Icade, Orange, Rexel, Iberdrola, Moeller-Maersk, Ericsson, Husqvarna und Klepierre aus.

Hoffnung auf ein weiteres gutes Börsenjahr

Gerade bei Goldman Sachs widerspricht man der UBS Investmentbank mit Vehemenz. Es sei zutreffend, dass sich die Gewinnentwicklung amerikanischer Unternehmen von der europäischer Firmen losgekoppelt habe, so schreiben die für die mächtige Grossbank tätigen Strategen. Auch die Bewertungsdifferenz zwischen Europa und den USA stellen sie nicht in Abrede. Diese erklären sich die Experten jedoch mit der unterschiedlichen Branchenzusammensetzung. Den Technologiesektor ausgeklammert, erachten sie die transatlantische Bewertungsdifferenz als schwindend klein. Dasselbe gilt für den kursseitigen Nachholbedarf europäischer Aktien.

Sehr viel optimistischer, wenn nicht gar euphorisch, liest sich der Ausblick von Société Générale. Darin trauen die Verfasser dem EuroStoxx 50 Index bis Ende nächsten Jahres ein Aufwärtspotenzial von mehr als 15 Prozent und selbst im Folgejahr abermals einen Kursanstieg zu. Die Strategen setzen vor allem auf französische und italienische Aktien und dort auf solche aus dem Bankensektor, der Bauindustrie sowie aus dem Nahrungsmitteldetailhandel.

Favorisiert werden die Aktien von Royal Dutch Shell, Petrofac, Akzo Nobel, Evonik, Linde, CRH, Rio Tinto, ArcelorMittal, Airbus, Vinci, Assa Abloy, IAG, Daimler, Renault, Valeo, Michelin, Kering, Accor, Elior, Relx, ASOS, Sainsbury, Dia, Heineken, Tate & Lyle, Imperial Tobacco, BAT, Henkel, Reckitt Benckiser, Fresenius SE, AstraZeneca, Sanofi, Roche, Barclays, ING, Lloyds Banking Group, UBS, Euronext, Axa, Aviva, Vonovia, Ericsson, Deutsche Telekom und Engie.

Negativ beurteilt werden im Gegenzug die Valoren von Repsol, Saipem, DSM, Lanxess, Givaudan, LafargeHolcim, Anglo American, Rolls-Royce, FCC, Osram Licht, Lufthansa, VW, Faurecia, Tod’s, IHG, Compass, Kingfisher, Metro, Diageo, Grifols, Novo Nordisk, GlaxoSmithKline, BBVA, Credit Suisse, Deutsche Bank, Legal & General, Zurich Insurance Group, Software AG, Infosys, Vodafone, SSE sowie Fortum.

Dass gewisse Aktien bei der einen Bank Favoritenstatus innehalten, bei einer anderen hingegen zum Verkauf empfohlen werden, zeugt von einer gewissen Ratlosigkeit. Dasselbe gilt für die Frage, ob die europäischen Aktienmärkte bewertungstechnisch zur amerikanischen Leitbörse aufholen können. Sich als Anleger in diesem Dschungel von Meinungen und Aktienempfehlungen zurechtfinden zu können, ist schwierig. Das nicht zuletzt auch aufgrund der Fülle an Favoriten für das kommende Jahr.

Wenn sich von den Ausblicken und den unterschiedlichen Empfehlungen für das kommende Jahr etwas ableiten lässt, dann dass sich der Weizen abermals von der Spreu trennen wird und sich mit Aktien nur sehr selektiv Geld verdienen lässt. Gerade von solchen von Unternehmen mit einem hohen Ergebnisbeitrag aus Europa versprechen sich die Banken im Hinblick auf die nächsten 12 Monate einiges.