40 Kilometer westlich der südkoreanischen Hauptstadt Seoul und nur wenige Kilometer vom modernen Grossflughafen Incheon entfernt: Moderne und hohe Gebäude prägen die Kulisse, auf den breiten Strassen rollt kaum Verkehr, zu Fuss ist sowieso fast niemand unterwegs. Zwischen den Gebäudekomplexen tun sich immer wieder Lücken auf.

Das darf nicht erstaunen. Vor etwas über zehn Jahren regierte hier noch der Sumpf. Es ist auch der Ort, an dem US-Truppen im Koreakrieg an Land gingen.

Mit der zunehmenden Öffnung des Landes nach der Jahrtausendwende entschied die koreanische Regierung 2003, in dieser bis dahin unwirtlichen Gegend eine Business-Mega-Stadt entstehen zu lassen. Eine Art Smart City mit Finanzgesellschaften, Universitäten, Forschung, Logistik-Multis, High-Tech-Industrie, Spitzenmedizin und Tourismus. Das ist die IFEZ, die "Incheon Free Economic Zone".

Treiber des Entscheids zum Bau der IFEZ war der Erfolg und die Konkurrenz anderer freier Wirtschaftszonen in Asien, etwa der Sonderwirtschaftszonen in China, die seit 1980 dem Land erheblichen Aufschwung brachten. Korea sollte das auch können. Nur besser, moderner und umfassender.


Blick auf den IFEZ-Stadtteil Songdo.


"Was wir hier aufbauen, ist die ideale Stadt von heute", sagte Lee Jong-Cheol, Kommissar der IFEZ, an einer Pressekonferenz für ausländische Journalisten von letzter Woche. Der Staat hat seit 2003 alleine 40 Milliarden Dollar in die Infrastruktur gesteckt.

Die Ansprüche der IFEZ, bestehend aus den Teilstädten Songdo (Schwerpunkt: High-Tech), Youngjong (Logistik) und Cheongna (Finanzen und Tourismus), sind denn nicht bescheiden. Die Stadt soll das Business-Drehkreuz in Nordostasien werden. Quasi eine Mischung aus Hongkong, Singapur und den chinesischen Wirtschaftszonen. 640'000 Leute sollen bis Bauschluss im Jahr 2020 in der IFEZ wohnen, bislang sind es 182'000.

Erhebliche steuerliche Vorteile

Unternehmen, die in der IFEZ investieren, erhalten fünf Jahre lang erhebliche steuerliche Vorteile, mit Aussicht auf Verlängerung der "Benefits". Von den Firmen, die bislang in der IFEZ investiert haben, stammen 70 Prozent aus Südkorea, ausländische Firmengelder kommen hauptsächlich aus den USA, Europa (Deutschland und Frankreich) und Japan. Rund 90 Prozent der IFEZ-Firmen bilden Joint-Ventures.

IFEZ-Kommissar Lee Jong-Cheol gibt keine aktuellen Zahlen über das Volumen der Direktinvestitionen seit Baubeginn. In den ersten fünf Jahren bis 2008, so viel ist bekannt, betrug dieses knapp über 5 Milliarden Dollar. Der IFEZ-Verantwortliche gibt zu, dass die Finanzkrise 2008 und 2009 nicht spurlos an der Wirtschaftszone vorbeiging. "Wir hatten eine sehr harte Zeit", so Lee Jong-Cheol. "Doch seit 2010 ist hier alles wieder intakt."


Überblick über die IFEZ-Stadtteile mit dem bereits bestehenden Grossflughafen Incheon (links).

Etwa 45 Prozent der Projekte der IFEZ sind bislang realisiert worden. Lee Jong-Cheol bestätigt, dass das Ziel, die IFEZ im Jahr 2020 fertigzustellen, nicht gefährdet sei. Aber er gibt unumwunden zu, dass sich die IFEZ-Verantwortlichen mehr Investitionen aus China wünschen.

Cisco ist eines der ausländischen Unternehmen, die sich in der IFEZ niedergelassen haben. Der weltweit grösste Netzwerkausrüster betreibt in der IFEZ-Teilstadt Songdo das "Global Centre of Excellence" und ist mitverantwortlich für den Bau der technischen Infrastruktur in der Sonderzone. Cisco stellt hauptsächlich Geräte für den Datenverkehr her, sogenannte Router und Switches. Der Konzern Cisco profitiert auch von der wachsenden Bedeutung von Cloud-Diensten, Smartphones und Tablet-Computern.

Vorzeigeobjekt für Cisco

Laut Cisco handelt es sich bei der IFEZ um die "technologisch am weitesten fortgeschrittene Stadt der Welt". Die IFEZ ist für Cisco denn auch so etwas wie ein Prestige- und Vorzeigeobjekt. "In den nächsten fünf Jahren gibt es für uns hier viel zu tun“, sagt Rajiv Niles, Direktor "Solution Architecture" bei Cisco gegenüber Journalisten. Cisco beschäftigt in der IFEZ vorerst 80 Leute. Über getätigte Investitionsvolumen macht Niles indes keine Angaben.

In Südkorea gibt es heute insgesamt acht wirtschaftliche Sonderzonen. Bei Beobachtern und auch bei den IFEZ-Verantwortlichen herrscht allerdings Konsens darüber, dass dies zu viel ist. "Nicht alle dieser Wirtschaftszonen werden erfolgreich sein", meint  IFEZ-Kommissar Lee Jong-Cheol.

Bereits gestorben ist ein anderes Vorhaben, das für Südkorea für noch mehr Furore hätte sorgen sollen und das ebenfalls in der Region Incheon gebaut worden wäre. Das Mega-Projekt "Eightcities", ein riesiges Vergnügungs- und Gamblerresort mit eigener Formel-1-Strecke und dreimal so gross wie Macau, kann jüngsten Meldungen zufolge erste Tranchen des Baubudgets von 250 Milliarden Dollar nicht aufbringen.

 

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise, zu der Kotra (staatliche Förderungstelle für Investitionen in Korea) eingeladen hatte.