Er hastet von einem Termin zum nächsten. Am Vorabend in China, die Nacht in der Luft in Richtung Schweiz, am folgenden Mittag bereits wieder ein Auftritt in Bern. So sieht ein gewöhnlicher Tag in Philipp Hildebrands Terminkalender aus. Bis zu 200 Nächte pro Jahr verbringt er in Hotelbetten zwischen New York und Schanghai. 

Weniger gewöhnlich war indes der Grund, der ihn in die Bundeshauptstadt brachte. Wieso investiert ausgerechnet er, der Banker von Blackrock aus der Londoner City, zusammen mit André Lüthi, Chef von Globetrotter, und dem Swiss-Economic-Forum-Mitgründer Stefan Linder in den Berner Oberländer Naturpark Blausee? Hobbyfischer Hildebrand erfüllt an der Medienkonferenz die Pflichtaufgabe und erwähnt seine Jugenderinnerungen, die er an diesen See mitsamt Forellenzucht hat, sowie die Liebe zu seiner Heimat.

Kaum ist der Anlass zu Ende, greift er zu Smartphone und Jacke und will gehen. Ruft bereits der nächste Termin? Im Vorfeld vereinbarte Interviews lässt Hildebrand jedenfalls freundlich, aber bestimmt sausen. Einzig eine Vertreterin des Schweizer Radios SRF lässt er gewähren und diktiert ihr einige Worte ins Mikrofon. Eine solch selektive Behandlung von Journalisten ist für einen offiziellen Medienanlass äusserst ungewöhnlich, darin sind sich mehrere von cash befragte Kommunikationsberater einig.

Tiefe Wunden bis heute

Hildebrand scheint dies anders zu sehen – zumindest seit der Devisenaffäre, die ihn am 9. Januar 2012 vom Thron der Schweizerischen Nationalbank (SNB) stürzen liess. Wir erinnern uns: Während Wochen konnte der damalige SNB-Präsident nicht glaubhaft nachweisen, dass seine damalige Frau Kashya ohne sein Wissen 400'000 Franken in Dollar getauscht hatte. Das steigende Misstrauen gegenüber ihm war mit der Reputation einer Zentralbank nicht vereinbar, der Abgang von Hildebrand wurde unumgänglich.

Der frühere Investmentbanker zog sich danach während Wochen aus dem öffentlichen Leben zurück und verliess später die Schweiz komplett, als ihn der amerikanische Vermögensverwalter Blackrock im Herbst 2012 nach London lotste. Er gab seine Wohnung in Zürich auf und legte seinen Lebensmittelpunkt in die englische Finanzmetropole. 

Doch die teils massive Kritik der Medien an seiner Person vor und nach seinem Abgang hinterliessen bei ihm tiefe Wunden, die bis heute noch nicht geheilt sind. "Wie ein verwundetes Tier, das seinen Angreifer nie vergisst", sagt ein Vertreter der PR-Branche, der seinen Namen nicht erwähnt haben will. Auch das Wirtschaftsmagazin "Bilanz" fand bereits letztes Jahr deutliche Worte: "Hildebrand ist überaus eitel und hat einen Hang zur Selbstdarstellung."

«Anfängerfehler des Hobbymoderators»

Dabei wäre es doch interessant gewesen nachzufragen, was nun der Beweggrund für sein jüngstes Engagement ist. Ist er wirklich der Naturbursche, den er immer wieder vorgibt – wie im letzten Sommer, als er der Schweizer Illustrierten eine exklusive Story zu seiner Bergtour über zwölf Viertausender ermöglichte.

Oder tatsächlich sein Bekenntnis zur Schweiz, das er immer wieder mit seiner "tiefen Verbundenheit zum Land" (Originalzitat Hildebrand) manifestiert? Oder handelt es sich bloss um ein weiteres Kapitel der Charme-Offensive, die er im Sommer 2012 – ein halbes Jahr nach dem Rücktritt – am Swiss Economic Forum in Interlaken gestartet hatte.

Für diese unerwartete und souveräne Rückkehr an die Öffentlichkeit erhielt Hildebrand grosse Anerkennung – und es sah nach einem gelungenen Neustart aus. Danach wollte er sich für weitere Auftritte buchen lassen, beispielsweise für die Fernsehsendung "Sternstunde Philosophie"  zusammen mit Ex-UBS-Präsident Peter Kurer – wenn nicht sein neuer Arbeitgeber Blackrock dagegen interveniert hätte. Schliesslich fand das Gespräch am Gottlieb-Duttweiler-Institut in Rüschlikon statt – ohne Kamera und Mikrofon.

Doch nicht jeder Auftritt ist Hildebrand nach Wunsch gelungen. Vor zwei Monaten gab er am Weltwirtschaftsforum in Davos seinen Einstand als Gesprächsleiter. Sein Gast: Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank. Sein erster Auftritt in dieser Rolle warf Fragen auf. Das fehlende Nachhaken Hildebrands bei ausweichenden Antworten Draghis bezeichnete die Berner Zeitung als "Anfängerfehler des Hobbymoderators".